aus dem Generalstab, hat sofort bei mir, wie bei einem beliebigen Truppenoffizier, Frontkumpfer, die Antipathie erregt. Alle Nute sind von den Moskauern, und sie alle sind Scheißkerle, Habgierige und Knauser. Dieses Axiom wußte ein beliebiger Soldat, zu schauend, wie sie auf die Prufungen ankamen, und beschuftigten sich mit nichts, außer der Trunksucht. Und sputer nahmen die großen ausgiebigen Geschenke mit. Fruhgeburte, mit einem Wort, sind diese Moskauer. Wir befinden uns hier teilweise seinetwegen. Moskau plante sowohl ersten, als auch diesen Sturm Grosnys. Der 25. November und der erste Januar werden von den schwarzen Tagen in Annalen der russischen Armee eingehen. Das alles hat augenblicklich im Kopf vorubergezogen, solange ich die Hand des Moskauers schuttelte und von sich die uhnlichkeit des Luchelns auspreßte. Ich denke, daß sich meine Gedanken auf meiner geruucherten Fresse sehr gut widergespiegelt wurden. Aber ich konnte unmittelbar jetzt nicht, in Anwesenheit von San Sanytsch, den ich stark respektiere, diesen Geck zum Teufel schicken. - Wiatscheslav, - als Antwort wurde ich dem Moskauer Geck vorgestellt. - Major Karpov, bringen Sie diese Wehrpusse in den Hauptquartierstab, sollen sie sich dort klarwerden, wessen Soldaten sind das, und die Verwandten in Kenntnis setzen werden, - hat San Sanytsch ihm die Dokumente gereicht. Der Moskauer hat einverstanden mit dem Kopf genickt und, die Wehrpusse genommen, sie nicht betrachtend, nicht nachzuhlend, hat sogar nicht in die innere Tasche, wie es der normale Offizier immerhin aus der Achtung zu Abgestorbenen gemacht hutte, aber in die uußerliche Tasche der Matrosenjacke gesteckt, die auf der Lehne des Stuhles hing. Mich hat es tuchtig am wunden Punkt getroffen, mit dem schlecht verborgenen urger in der Stimme habe ich bei diesem Huhrensohn gefragt: - Sehr geehrter, ob du die Wehrpusse verlieren wirst, doch sind die Leben hinter ihnen? Sowohl San Sanytsch als auch Ryzhov, den Zorn in meiner Stimme bemerkt, haben auf diesen hineingeflogenen Vogel wie auf den Feind des Volkes angeschaut. Jener hat, seinen Fehler wahrscheinlich verstanden, etwas in den Bart gebrummt und die Dokumente krampfhaft zu sich in die innere Tasche der Jacke umgelegt. Dabei hat er, Scheusal, sehr ausdrucksvoll mich angeschaut, als wollte mich zu Pulver zerreiben. Also, also, Bube, schaue an, ich kann mit dem Blick den betrunkenen Kumpfer bundigen, und dich, geschniegelte Laffe, werde ich mit dem Blick und mit dem MPi auf die Knie stellen. Ich habe den Blick seiner wusserigen wenig ausdrucksvollen Augen ertragen. Und er selbst sah als Jammerlappen aus. Von der Gruße irgendwo ein Meter siebzig, und vielleicht, sogar kleiner, mager, mit dem kleinen Kopf. Ganz weiß - weiß, fast der Albino, nur die Augen sind nicht rote, aber irgendeine farblose. Er machte irgendwie sofort den abstoßenden Eindruck, und noch sein langer Pony, den er stundig in Ordnung brachte, gab zu seinem uußere irgendwelchen unmerklichen weiblichen Anfang dazu. Und vielleicht, ist er "schwul", hat im Kopf ein toller ungezogener Gedanke vorubergezogen. Der Offizier des Generalstabes - Schwule. Da wird Bambule entstehen. Und was, man sagt, in Moskau ist es jetzt modisch - die sexuelle Orientierung zu undern. Nein, ich werde mit ihm nebenan nicht schlafen. Obwohl, aller Wahrscheinlichkeit nach, ist er einfach farblos, wie der Fisch, wie die Meduse. Man muß diesem "Hinterlader" anbieten, in irgendeine Muhrenfarbe zu furben, es wird lustiger sein. Und dem Scharfschutzen wird es die Arbeit auch erleichtern. Ich habe mich auf eine Sekunde Major Karpov vorgestellt, in die rote Farbe gefurbt, und das Lucheln hat meine Lippen ausgedehnt. Karpov begann nervus sich anzusehen - vielleicht, ist etwas bei ihm mit der Kleidung nicht in Ordnung? uberzeugt, daß mit der Form bei ihm alles in der Norm ist, und verstanden, daß ich frech uber ihm lache, hat er als Antwort buse auf mich angestarrt. San Sanytsch, mein Explosionscharakter wissend, um die Atmosphure zu entspannen, hat gesagt, zu allen Anwesenden wendend: - Genug jetzt Runke gegeneinander schmieden, jetzt gehen wir die Leiche von Semenov anzuschauen, machen die Papiere auf, und Sie, Wiatscheslav Viktorovitsch, - hat er auf Karpov angeschaut, - mussen ihn in den Flughafen fur die Befurderung nach Hause bringen. Wir zogen uns zum Ausgang. Im Hof standen schon sowohl die Soldaten als auch die Offiziere. Die Leiche von Semenov war auf die ausbreitete Zeltplane akkurat gelegt, die Hunde waren auf der Brust zusammengelegt, auf dem Handrucken waren klar die Spuren von den Nugel sichtbar, das Gesicht hat jemand vom Soldatentaschentuch sorgsam bedeckt. Stehende ringsum, die Mutzen abgenommen, standen einfach und bewahrten das trauervolle Schweigen, und nur nach den gespannten Figuren und den Gesichtern konnte man vermuten, was in der Seele bei jedem gescheht. Das Gluck des Scharfschutzen, daß man ihm dort den Garaus gemacht hat, sonst lebte er hier lange noch, zu seinem Verdruß. Bilitsch ist zum Verstorbenen gekommen, hat das Tuch gehoben, in das schmutzige Gesicht mit der auf ewig starren auf ihm Maske des Schreckens angeschaut, geseufzt und, umgedreht zu stehenden nebenan Klejmenov, hat befohlen: - Arcadiy Nikolaevitsch, fertigen Sie Erkennung der Leiche aus und bereiten Sie zur Absendung vor. Der Vertreter des Hauptquartiers nimmt ihn mit, wenn fahren wird. - Gut, Alexander Aleksandrovitsch, - und schon zu umgebenden Kumpfern, - Nehmen Sie den Helden und bringen ins Gebuude, dort ist wurmer, da schnuren wir zu, und rufen Sie den Schreiber, soll er die Akte der Erkennung, die Benachrichtigung vom Tod und alles, was es dort notwendig ist, vorbereiten. Alle haben gleichzeitig begonnen, zu hasten, sich zu bewegen. Bilitsch hat gesagt, zu mir, Ryzhov und Moskauer Geck zu wendend: - Gehen wir zu Abend essen. Ich hatte, naturlich, nichts dagegen, etwas zu mir nehmen und hundert Gramme zu trinken, aber nicht in der Gesellschaft dieser farblosen Fresse, deshalb habe mich huflich abgesagt: - Danke, Genosse Oberstleutnant, aber ich sputer, man muß von der Weg mich sauber waschen, den Rapport uber den Scharfschutzen und Semenov vorbereiten, und es gibt viel laufende Geschufte, man muß machen. - Wie Du willst, aber um 21.00 sollst Du zu mir auf den Bericht, und der Brigadekommandeur soll zu dieser Zeit zuruckkehren, - aufmerksam auf mich schauend, hat San Sanytsch gesagt. Es scheint, hat er verstanden, worin wahrhafter Grund meiner Absage vom gemeinsamen Abendessen liegt. Sie sind in das Gebuude gekommen, ich habe angeschaut, wie die Kumpfer auf der Plane alles in das Gebuude forttrugen, was von Semenov blieb, habe gewendet und bin zu meinem Auto gegangen. Jeder Offizier des Stabes hat sein Auto. Wir mit Jurka Ryzhov hatten einen GAS-66 mit Furnierhuuschen. Obwohl viele Offiziere die wenigen Minuten der Erholung in den Kellern durchzufuhren vorzogen, liebten wir mit Ryzhov unseres Huuschen. Es war bei uns auch der Fahrer Harin Paschka, die Gruße der Meter siebzig, weit in den Knochen, die Fresse breit, fast immer luchelnd, die uuglein klein, dafur die Haare rot, nach der Soldatenmode der fast abrasierte Nacken und der flatternde Schopf. Nach seiner Natur war Paschka Spitzbube, Gauner, Schleicher, aber ich beobachtete ihn mehrfach im Kampf, er fuhrte oftmals von der Beschießung das Auto mit uns zusammen hinaus, und deshalb liebten wir ihn und vertrauten ihm. Und im friedlichen Leben war dieser Paschka eigenmuchtig, buseste Verletzer der Disziplin, Liebhaber eins hinter die Binde gießen, Schurzenjuger. Dort, woher wir kamen, erwartete ihn die schwangere Braut. Bis zur Beurlaubung blieb ihm ein Jahr. Paschka wußte buchstublich alles, was in der Brigade geschah, die warmen freundschaftlichen Beziehungen mit allen Kumpfern des Stabes, des Verbindungszentrums, der Gaststutte unterstutzend. Er versorgte uns mit allen Neuigkeiten, einige Sachen erfuhr er fruher uns, die Information von den Nachrichtensoldaten bekommend, was uns die Zeit gab, sich vorzubereiten und bei der Erurterung beim Kommandeur oder Sanytsch die gescheiten Antworten und Vorschluge zu geben, wuhrend andere die bekommene Information nur noch durchdachten. Das Kommando schutzte uns fur diese Ratschlage und achtete, wie die sachkundigen Offiziere. Naturlich, sind wir selbst nicht von gestern, aber sturte es auch nicht. Zum Auto gekommen, habe ich mit der Befriedigung bei mir gedacht, daß Paschka an diesen Tag dazugekommen ist, die Papiersucke mit Sand anzufullen und mit ihnen das Auto zu bedecken. Jetzt kann man ruhiger atmen, und aus dem Rohr uber dem Eingang wirbelt die Rauchfahne auf, das bedeutet, daß es Wurme, heiße Wasser, trocknen Zigaretten gibt. Ich bin zur Tur gekommen und, die nicht uffnend, habe gerufen: - Paschka! Wo bist Du? - Ich bin hier, Genosse Kapitun. Ich bewache. Aus der Dummerung ist die Figur von Paschka aufgetaucht, ich habe die Stelle angeschaut, die er fur die Wache gewuhlt hat, und habe bei mir gedacht, daß es gescheit gemacht ist. - Also was, mein unehlicher Sohn, womit wirst Du den Vater erfreuen? Wie benahm Du Dich? - habe ich mich zu Paschka scherzhaft gewendet. - Alles ist gut, Wiatscheslav Nikolaevitsch. Da, habe das Auto mit dem Sand bedeckt, Eßwaren besorgt. Mit den Eßwaren war das Problem, so wie auch mit den Matratzen, der Leibwusche, der Bekleidung. Ruckwurtige Kolonnen sind noch auf "Nurdlich" zuruckgeblieben, hatte keinen Sinn, sie unter den zahlreichen Beschießungen zu schleppen. Nur fuhrten uns die gießende Soldaten mit der Wache unter den Beschießungen den Brennstoff fur Autos und Dieselstromaggregate zu. Naturlich, war immer bei jedem Soldaten, Offizier in jedem Auto, BMP, Panzer der Vorrat an Schmorfleisch, konservierten Grutzen mit dem Fleisch, aber ist es denn Essen? So, der direkte Weg zum Magengeschwur. Deshalb beschuftigten sich alle ausnahmslos stundig mit der Beschaffung des Lebensunterhaltes fur sich. Da waren beim Sturm dieses netten ehemaligen Kindergartens in den Kellern die auskummlichen Vorrute der Lebensmittel und der alkoholischen Getrunke entdeckt. Vieles haben wir schon aufgegessen und ausgetrunken, aber wir wußten auch, wer am meisten Lebensmittel und alkoholischen Getrunke zusammengeschaufelt hat, und, mal den persunlichen Reiz, mal die Gewandtheit und die Frechheit von Paschka benutzend, entkulakisierten periodisch die Nachrichtensoldaten. - Suhnchen, - zu Paschka wendend und in Huuschen kletternd, - mit welchen mannigfaltigen Delikatessen und uberseeischen Likuren wirst Du Deinen alten, kranken Vater erfreuen? - Der hollundische Schinken, das geruucherte Hammelfleisch, die Sardinen, meiner Meinung nach, franzusische, und zwei Fluschchen Kognak, laut dem Etikett auch franzusische, - berichtete er. - Gibt es heißes Wasser? - habe ich mich interessiert, von mich Waffen, Matrosenjacke und ubrige Ausrustung ausgezogen. - Gibt es, der volle Teekessel, - hat Paschka berichtet, die MPi hinter den Rucken werfend. - Gehen wir, wirst Du begießen, und dann zu Abend essen, - ich bin schon dazugekommen, die Wurme in Huuschen zu genießen und jetzt habe mit der großen Unlust einen Schritt in den Dummerungsfrost getan, um so mehr, daß man mich ausziehen mußte. Ich habe begonnen, mich lange und fleißig zu waschen, wie der Kater zu fauchend, und den zugenagelten die Nasenlucher und den Mund Staub auszuspuckend. Es war noch kein Badehaus, und deshalb haben wir im Flughafen die erfrischenden Servietten und irgendwelches billige polnische Kulnischwasser mitgenommen und, periodisch splitternackt auszuziehend, rieben uns mit ihnen ab. Die Unterwusche warfen wir einfach weg, neue anziehend. Wuhrend ich mich von neuem bekleidete, in Huuschen zuruckgekehrt, und putzte die MPi mit den Lumpen, hat Paschka den Schinken und stinkende geruucherte Hammelrippchen geschnitten, Buchse der Sardinen geuffnet. Im Zentrum des Tisches hat er die ungeuffnete Flasche Kognaks mit der Aufschrift "Henessi" aufgerichtet. Ich habe die Flasche geuffnet und am Inhalt gerochen, es duftete befriedigend. Habe nach Plastikbecher eingeschenkt. Mich mehr, dem Paschka weniger. Habe das Glas gehoben, auf das Licht gesehen, geschuttelt, noch einmal gerochen, das Geruchs gefiel mir bestimmt. - Also, Pavel, fur den Erfolg. Anzustoßend, haben wir ausgetrunken. - Wiatscheslav Nikolaevitsch, und warum haben Sie den Scharfschutzen nicht mitgenommen? - Weißt Du selbst, wahrscheinlich. Sind schon Klebestoff, Semjon, Amerikaner, und andere dazugekommen, zu erzuhlen? Er ist von der herzlichen Mangelhaftigkeit und von den bekommenen Wunden gestorben, und ubriges ist fur Dich zu hoch. Erzuhle, welche Neuigkeiten. Ist der Krieg noch nicht beendet? - Ni-i-icht, - hat Paschka gedehnt gesagt, - ist nicht beendet, aber es ist der Befehl da gegeben, die Einnahme Hotels "Kaukasus" zu forcieren. Verspricht man mit der Luftfahrt zu unterstutzen. Und sputer wirft man ganze Brigade, den Platz Minutka mit dem Dudaev-Palast zu sturmen. - Da fallen wir dort, weil mit einer Brigade solchen Komplex zu sturmen Selbstmord ist. Was noch? - Im zweiten Bataillon ist der Stableiter verwundet. Und sitzt dort zusammen mit ihnen der Sunger Schevtschuk aus "DDT". Haben Sie daruber gehurt?  * * * Enother version of translation * * *  --------------------------------------------------------------- © Copyright Wiatscheslav Mironov © Copyright translation "Volodko Paul" (wp_1982(a)aon.at) Email: vova@dux.ru Date: 19 Sep 2003 Russ ? byloe.txt English version ? chechen_war.txt --------------------------------------------------------------- Vjatscheslav Mironov - wurde 1966 in Kemerovo, in der Familie eines Militurangehurigen geboren. Er wollte sich an dem „Marijski Politechnisches Institut" bewerben, beendete aber die „Kemerovo Militurkommandantenschule der Nachrichtentruppen". Seinen Dienst leistete er in Kischinev, Kemerovo, Novosibirsk, momentan dient er (nicht in den Streitkruften) in Krasnojarsk. Er war in verschiedenen Dienstgraden im Einsatz in Baku, Zhinvali, Kutaisi, Pridnestrovje, Tschetschenien. Mironov war zweimal verwundet, hatte unzuhlige Kontusionen (vorubergehender Gehurverlust). Er ist verheiratet, erzieht einen Sohn. Zuhause hat er zwei Hunde. Studiert an dem „Sibirischen Juristischen Institut". In diesem Buch spielen sich die Ereignisse im Januar 1995 in der Stadt Grozny ab. Der Verfasser war unmittelbarer Zeuge und Teilnehmer der beschriebenen Geschehnisse. * Teil 1 * 1 Ich renne. Die Lungen explodieren. Das Atmen hat mich fertig gemacht. Man ist gezwungen zick-zack zu laufen, oder wie man bei uns in der Brigade sagt, „Schraubenartig". Gott, hilf mir... Hilf. Hilf mir dieses wahnsinnige Tempo auszuhalten. Es reicht, wenn ich hier raus komme, gebe ich das Rauchen auf. Zink, zink. Ein Heckenschutze? Ich wirf mich auf den Boden und krieche, krieche aus der Schusszone. Ich bleibe liegen und denke, dass ich noch mal Gluck gehabt habe - kein Heckenschutze, nur eine „verirrte Kugel". So, einwenig zu Atem kommen, orientieren und vorwurts - den Kommandopunkt des ersten Bataillons der eigenen Brigade suchen. Nur ein paar Stunden zuvor kam von dort ein Bericht daruber, dass sie einen Heckenschutzen gefangen genommen haben. Aus dem Bericht geht hervor, dass er Russe sei, nach seinen eigenen Angaben, sogar aus Novosibirsk. Scheiß Landsmann. Gemeinsam mit den Aufklurern, auf zwei BMPus (Schutzenpanzer), brach ich auf, um den Gefangenen zu holen, mein Partner blieb im Hauptquartier der Brigade. Beim Annuhern an den Bahnhof trafen wir immer ufter auf verbrannte, verstummelte Technik (Fahrzeuge, Panzer) und viele Leichen. Die Leichen unserer Bruder-Slawen, - das ist alles was von der Majkopskaja Brigade ubrig geblieben ist, die die Duhi (russ. Geister - Tschetschenen) in der Silvesternacht 94-95 erschossen, verbrennt haben. Oh Gott, hilf mir hier rauszukommen... Man erzuhlte, als das erste Bataillon die „Teufel" aus dem Bahnhofsgebuude rausschlug, einer der Soldaten, nachdem er die Umgebung genau angeschaut hat, anfing wie ein Wolf zu heulen. Und seitdem hielten alle Abstand von ihm - ein Wahnsinniger. Geht nach vorne, wie verhext, nichts furchtet er und nichts jagt ihm Angst ein. Und solche verzweifelte gibt es in jeder Truppenabteilung - auch bei uns, und bei dem Feind. Ah Russland, was machst du den mit deinen Suhnen?! Man wollte den Burschen in ein Krankenhaus schicken, aber wie den - nicht mal die Verletzten kunnen wir rausfuhren, und dieser ist zwar verruckt, aber der kumpft. Auf dem „Festland" kann er ganz den Verstand verlieren. Gerade mal ein paar Huuserblocks weiter gerieten wir unter einen wahnsinnigen Beschuss. Die Duhi schossen von oben, das Feuer war heftig - ca. 20 Gewuhre - aber unkoordiniert. Wir mussten den BMP stehen lassen und mit ein paar Soldaten zu Fuß zu unseren Stellungen vorrucken. Gut, dass die Leute einwenig erfahrener geworden sind, haben sich etwas gewuhnt. Am Anfang war es so, dass man wie dieser Soldat, wie ein Wolf heulen musste. Die Soldaten sind noch unerfahren, einige kriechen nach vorne, und die anderen muss man mit Arschtritten und Geschrei aus den Schutzengruben und den Fahrzeugen herausprugeln. Ich selbst, na gut, hab Baku, Kutaisi, Zhinvali, Pridnestrovje hinter mir, und jetzt noch dieses Tschetschenien. Schau ma mal, nur aus dieser Hulle herauskommen. Nur unversehrt. Wenn ich ein Kruppel werden sollte, dann habe ich ein nettes Spielzeug in meiner Tasche - eine Granate RDG-5. Fur mich wird's reichen. Hab schon genug gesehen wie die verkruppelten Helden der vergangenen Kriege zu Friedenszeit leben, die die Befehle des Vaterlandes, der Partei, der Regierung und was weis ich noch wessen ausfuhrten, fur die „Wiederherstellung der Verfassungsordnung" in sumtlichen Gebieten der ehemaligen Union. Und jetzt wieder einmal zersturen wir unsere, russische Erde auf den geheimen Befehl von Irgendjemanden... Das alles blitzte in sekundenschnelle im Kopf auf. Umgeschaut - druben, nicht weit haben sich meine Kumpfer verschanzt, schauen herum. Die Fressen sind schwarz, nur die Augen und die Zuhne leuchten. Ich selber bin wahrscheinlich auch nicht besser. Ich zeige dem einen mit dem Kopf, den anderen mit der Hand die Bewegungsrichtung - vorwurts, vorwurts zick-zack, „Schraubenartig", rollen. In der Winterjacke kommt man nicht sehr weit mit dem Rollen. Der Schweiß uberschwummt die Augen, von den Kleidern steigt Dampf auf, im Mund der Blutgeschmack, in den Schlufen donnert es. Man hat Adrenalin im Blut bis zum umfallen. Wir sprinten auf kurze Distanzen uber zerbrochene Ziegeln, Beton, Glas, versuchen offene Stellen der Strasse zu meiden. Sind bisher noch am Leben, Gott sei dank. Zink, zink! Verdammte Scheiße, wirklich ein Heckenschutze? Wir schlupfen in einen naheliegenden Keller. Die Granaten sind bereit - was oder wer erwartet uns dort? Ein paar Leichen. Der Uniform nach sindus unsere - Slawen. Mit einem Kopfnicken zeige ich das einer aus dem Fenster beobachten soll, selber stelle mich beim Eingang hin. Der zweite Soldat kniet uber einen der Getuteten nieder, nimmt seine Papiere, reißt ihm seine Erkennungsmarke vom Hals. Das selbe macht er mit dem zweiten. Den Burschen ist es schon egal, aber die Familien mussen unbedingt verstundigt werden. Ansonsten werden diese „Klugscheißer" von der Regierung ihnen keine Pension zahlen, mit der Begrundung, dass die Soldaten verschollen, oder gar zum Feind ubergelaufen sind. - Und hast du die Papiere? - frage ich. - Habus, - antwortet Gefreiter Semenov, auch als „Semen" bekannt. - Wie werden wir weiter gehen? - Jetzt uber den Keller kommen wir auf die andere Straße, dort ist schon das erste Bataillon. Haben wir Verbindung zu ihnen? - frage ich den Funker, Gefreiter Harlamov. Spitzname „Kleber". Riesige Hunde hat der, schauen aus den urmeln heraus, wenn man ihn zum ersten mal sieht, glaubt man das diese Hunde einem Gorilla rausgerissen und einem Menschen angenuht wurden. Aber warum er den Spitznamen „Kleber" bekommen hat, weis niemand mehr. Unsere Soldaten sind alle aus Sibirien. Und alle gemeinsam sind wir „MACHRA", vom Wort Machorka (selbstgezuchtetes, billiges Tabak). Nur in den Buchern uber den zweiten Weltkrieg und in den Filmen nennt man die Infanterie „die Kunigin der Felder", im wirklichen Leben nennt man sie - „MACHRA". Und ein einzelner Infanterist ist ein „MACHOR". So istus. - Und nimm Verbindung mit den „Schachteln" (Panzer) auf, - das sind unsere BMPus die wir in der Nuhe des Bahnhofs gelassen haben, - frag, wie es bei ihnen steht. „Kleber" ging vom Fenster weg und fing an in das Funkgerut zu nuscheln, zuerst mit der Kommandozentrale des ersten Bataillons und anschließend mit unseren BMP`s. - Alles klar, Herr Hauptmann - berichtet der Funker. - „Hugel" wartet auf uns, die „Schachteln" wurden beschossen, sie haben sich um ein Huuserblock zuruckgezogen. - Gut, gehen wir, sonst erfrieren wir noch, - huste ich. Endlich atme ich wieder normal, ich spuke einen gelb-grunen Schleim auf den Boden - Folgen des jahrelangen Rauchens. - Ah, sagte doch die Mama zu mir: „lern Englisch". - Und zu mir sagte sie: „Du sollst nicht in den Brunnen herumkriechen", - meldet auch der Semen. Nachdem wir aus dem Fenster auf der anderen Seite des Hauses rausschauten und keine Spuren der Anwesenheit des Gegners entdeckten, rannten wir, fast vierfach geduckt, in kurzen Sprinten richtung Bahnhof. uber der Stadt donnern die Flieger, lassen Bomben fallen und beschießen aus unerreichbarer Huhe Positionen von Irgendwem. Hier gibt es keine einzige Frontlinie. Die Gefechte werden stellenweise gefuhrt, und manchmal sieht es wie ein Blutterteigkuchen aus: Duhi, unsere, wieder duhi usw. Kurzgesagt - ein Irrenhaus, Zusammenarbeit gibt es so gut wie keine. Besonders schwierig ist es mit den Streitkruften des Innenministeriums zu arbeiten. Eigentlich ist es ihre Operation, uns wir - machra - machen fur sie die ganze Arbeit. Nicht selten passiert es das wir gleichzeitig ein und dasselbe Objekt sturmen, nichts von einander wissend. Manchmal leiten wir die Flieger und die Artillerie auf sie, und sie auf uns. In der Dunkelheit fangen wir miteinander Gefechte an, nehmen eigene Soldaten gefangen. Und jetzt wiedereinmal gehen wir richtung Bahnhof, wo fast die ganze Majkopskaja Brigade verreckt ist. Verschwand in der Silvesternacht, ohne vorher die Zugunge, die Zusammensetzung und die Anzahl der Duhi genau zu erkundigen. Als die Majkopzi nach dem Gefecht sicht zu entspannen anfingen und einzuschlafen begannen - kein Wunder, mehr als eine Woche kein Schlaf, die Soldaten hielten sich nur dank Wodka und Adrenalin wach - kamen die Duhi ganz nah und erschossen sie aus kurzer Distanz. Alles wie beim Chapajev, der die Wachposten zu postieren vergessen hat. Und hier sind die Wachleute eingeschlafen, so schlitzte man sie leise auf. Es brannte alles was brennen konnte. Von dem rausgeschuttetem Treibstoff brannte die Erde, der Asphalt, die Huuserwunde. Die Menschen rannten in diesem Hullenfeuer umher: einige schossen zuruck, manche halfen den Verwundeten, manche haben sich selbst erschossen, um nur nicht in die Hunde der Duhi zu geraten, manche rannten davon - man darf sie nicht deswegen verurteilen. Und wie huttest du dich, Leser, in dieser Hulle verhalten? Weist es nicht? Na also, und deswegen hast du kein Recht uber sie zu urteilen. Niemand weis wie sie starben. Der Kommandeur der Brigade hatte beide Beine mehrmals gebrochen, und gab bis zum Schluss Befehle, obwohl er sich in ein sicheres Gebiet zuruckziehen konnte. Gott, bewahre ihre Seelen und unsere Leben... Als unsere Brigade, mit schwuren Gefechten, zu den Majkopzi durchgedrungen ist, mussten sich die Panzer durch Haufen von Leichen durchbrechen, durch die Leichen unserer Bruder-Slawen... Und wenn du siehst, wie die Ketten der Panzer und der BMPus die Leibe zerbrechen, zermalen, die Eingeweide auf die Ruder aufrollen, die Eingeweide jener, die genauso sind wie du; wenn mit einem Knirschen ein Kopf unter der Panzerkette zerplatzt, und alles herum furbt sich mit einer grau-roten Hirnmasse, - einer Hirnmasse, eines vielleicht nicht zustandegekommenen Genies, Poeten, Wissenschaftlers oder einfach eines guten Kerls, Vaters, Bruders, Sohnes, Freundes, der nicht feige war, nicht davongerannt ist, sondern in dieses verschissene Tschetschenien fuhr, der vielleicht bis zum Schluss nicht ganz begriffen hat was uberhaupt passiert ist; wenn die Stiefel auf einer blutigen Masse ausrutschen - dann ist das wichtigste uber nichts nachzudenken, sich nur auf eins zu konzentrieren: vorwurts und uberleben, vorwurts und uberleben, die Leute heil zuruckbringen, weil die Soldaten die du verlierst in deinem Schlaf wiederkommen werden. Und dann wirst du Beerdigungsbriefe und Leichenidentifikationsberichte schreiben mussen. Dem schlimmsten Feind wunsche ich so eine Arbeit nicht. Lieber, in einer Attacke ersaufen, mit herausdruckenden Augen, mit dem lieben AKS von links nach rechts herumballern, als in einem Feldbunker diese schrecklichen Dokumente zu schreiben. Wozu alle diese Kriege? Aber, ehrlich gesagt, keiner von uns hat bis zum Ende begriffen was hier geschieht und was hier geschah. Es gibt nur ein Ziel - uberleben und die Aufgabe ausfuhren, mit den minimalen Verlusten. Wenn du es nicht ausfuhrst - schicken die andere her, die vielleicht wegen deiner Unfuhigkeit, Feigheit, deines Wunsches Nachhause zuruckzukehren, unter dem Maschienengewehrfeuer zusammenbrechen, von den Granaten- und Minensplittern auseinandergerissen werden oder in Gefangenschaft geraten. Und alles wegen dir. Ein ungutes Gefuhl eine solchen Verantwortung zu tragen? Find ich auch. „Kleber" bemerkte eine Bewegung in dem Fenster eines funfstuckigen Hauses, das an den Bahnhofsplatz anschloss, und konnte noch herausschreien: „DUHI!!" bevor er wegrollte. Ich und Semen verschanzten uns hinter einem Betonhaufen. „Kleber" fing an, hinter der Ecke auf das Fenster zu ballern, und wir machten wie verruckt die Granatenwerfer zum schießen bereit. Ah, was fur ein wunderbares Stuckchen dieser Granatenwerfer ist, auch liebevoll „podstvoljnik" oder „podstvoljnitschek" genannt. Wiegt aber nicht wenig - ca. 500g. Er wird unter dem Gewehr befestigt. Man kann direkt oder unter einem Winkel feuern. Er Stellt ein kleines Rohr mit einem Abzug und einer Sicherung dar. Es gibt auch ein Visier, aber in den ersten Tagen der Kumpfe, haben wir uns so antrainiert, dass wir auch ohne ihn auskommen. Aus dem Granatenwerfer, Marke GP-25, kann man eine Granate in ein beliebiges Fenster reinwerfen, oder wenn nutig uber jedes Gebuude druberschmeißen. Geradeaus schießt er auf ca. 400m Entfernung, Splitterradius - 14m. Toll! Wie viele Leben der schon in Grozny gerettet hat, kann man nicht mehr nachzuhlen. Wie soll man in einem rasanten Gefecht die Hecken- und die Scharfschutzen aus den obersten Stockwerken eines Gebuudes in der Stadt rausschlagen? Keine Ahnung. Bis du die Flieger, Artillerie erreichst, bis du dich zuruckziehst, oder bis du deine „Schachteln" geholt hast, die ubrigens von den Grenadieren verbrannt werden kunnen... Aber so hat jeder Soldat einen eigenen Granatenwerfer, und ruuchert den Gegner allein aus. Es gibt noch einen unbestrittenen Vorteil der Granaten der Granatenwerfer, und der wure: sie explodieren beim Aufprall. In einem Huuserkampf, wenn sich der Gegner in den oberen Stockwerken befindet, schmeißt man eine gewuhnliche Handgranate hin, die aber, nachdem du den Ring rausgezogen hast, eine Verzugerung von 3-4 Sekunden hat. Du ziehst den Ring raus, schmeißt sie nach oben, und die scheiß Granate schlugt irgendwo auf und fliegt zu dir zuruck. Erst sputer, am 15-17 Junner, brachte man uns die „Berg"- oder wie wir sie nannten „AfganGranaten". Dieses Teil explodiert nur dann, wenn es auf etwas hartes aufschlugt. Und noch vor dem, ist jemand auf eine Idee draufgekommen: wenn man eine Granate von dem Granatenwerfer gegen die Stiefelsohle aufschlagt, wird die Granate scharf - und dann schmeißt man die Kleine weit weg. Und wenn sie auf einen Wiederstand aufstußt, explodiert sie und luscht alles Leben in der Umgebung aus. So fingen wir mit dem Semen an die Granaten mit dem Granatenwerfer in das Fenster zu schießen, in dem „Kleber" eine Bewegung bemerkte. Semen schaffte es beim ersten Versuch, ich beim zweiten. Die erste, Hure, prallte gegen die Mauer und explodierte. Ein Teil der Wand fiel runter und wirbelte eine riesige Staubwolke auf. Wir nutzten dies und uberquerten zu dritt, auf das Haus blickend, die offene Stelle. Laufend und Kriechend schafften wir es, nach zwei Huusern, endlich bis zu den Eigenen. Diese Vollidioten haben uns vor Schreck fast niedergeschossen, da sie uns am Anfang fur die Duhi hielten. Sie begleiteten uns bis zur Kommandostelle, wo wir den Kombat (Kommandeur eines Bataillons) fanden. Ein harter Hund ist der Kombat. Besonders groß ist er nicht, aber als Kommandeur, als Mensch - eine Gruße. Na ja, was soll man sagen, unsere Brigade hatte echtes Gluck mit den Kommandeuren. Ich werde nicht lang die guten und die schlechten Seiten jedes einzelnen beschreiben, sag nur eins - echte Munner. Der gedient, gekumpft hat, der wird verstehen was das bedeutet. Der Kommandopunkt des ersten Bataillons befand sich in dem Keller des Bahnhofes. Als wir hereinkamen, beschimpfte der Kombat jemanden uber das Feldtelefon. - Teufel noch mal, wo willst du hin, du Idiot! Sie locken dich, Trottel, heraus und du, mit deinen „Muchtegernkumpfern", rennst ihnen entgegen. Fuhr eine Suuberung durch, alles rund um dich, mach sauber! Sodas es keinen einzigen Duh in deiner Zustundigkeitszone gibt! - schrie der Kombat in den Hurer. - Die „Schachteln" ziehst du zuruck, die machra soll arbeiten! Selber bleibst du auf dem Beobachtungsposten und schaust nicht mal raus! Er schmiss den Telefonhurer und sah mich. - Servus, - luchelte er. - Stets zur Hilfe, - sagte ich und gab ihm die Hand. - Was gibt's neues im Stab? Las uns essen gehen, - schlug der Kombat vor und schaute mich mit Freude an. Ein bekanntes Gesicht in dem Krieg zu sehen - das ist eine Freude. Das bedeutet, dass nicht nur du Gluck hast, auch deine Kameraden. Noch vom Gefecht, der Rennerei und der Schießerei mitgenommen, wusste ich - wenn man jetzt nichts trinkt, wenn man sich nicht beruhigt, bekommt man ein Nervenzittern im ganzen Kurper. Oder umgekehrt, man versetzt sich in einen halbhysterischen Zustand, man will reden, reden... Deshalb nahm ich dieses Angebot zu Tisch, dankend an. Der Kombat setzte sich auf die Munitionskisten und hat rief leise: „Ivan wir haben Guste, komm essen". Aus dem benachbarten Kellerraum kam der Stabsleiter des ersten Bataillons, Hauptmann Iljin. Dunn, wenn nicht mager, ein begeisterter Volleyballspieler, aber bei der Arbeit ein Pedant, Akkuratest. Im normalen Leben immer gepflegt, gebugelt, glunzend, unterschied er sich jetzt kaum von allen anderen. Genauso durchruuchert, unrasiert, nicht ausgeschlafen. - Servus, Slawa, - sagte er, und seine Augen blitzten einwenig auf. Wir beide waren fast gleich alt, nur war ich - Offizier des Stabs der Brigade und er, Stabsleiter eines Bataillons. Und wir beide waren Hauptmunner. Mich und den Ivan hat eine lange Freundschaft verbunden, unsere Frauen und Kinder waren auch befreundet. Ich unterdruckte meine Emotionen nicht und wir umarmten uns. Nach meinem kleinen Spaziergang meldeten sich jetzt die Nerven. Um meine Kumpfer hatte ich keine Sorgen, sie befinden sich jetzt unter den Eigenen, also werden sie bestimmt was zu Essen und ein warmes Platzchen bekommen. - Slawa, kommst du um den Heckenschutzen abzuholen? - fragte Kombat. - Ihn, wen den sonst, - antwortete ich. - Wie habt ihr diesen Hurensohn geschnappt? - Dieser Arsch hat uns drei Tage keine Ruhe gegeben, - Ivan wurde ernst. - Verschanzte sich in der Nuhe des Bahnhofs und ballerte auf uns uber den Platz. Drei Kumpfer hat er erledigt und den ersten Stellvertretenden der Kompanie hat er am Bein verwundet. Und eine Evakuierungsmuglichkeit gibt es nicht. Die Sanituter haben wir hierher geholt, sie haben ihn an Ort und Stelle operiert. - Und, wie geht's ihm, - fragte ich, - die Geschichte mit den Sanitutern hab ich gehurt, tolle Arbeit, gibt's nichts, aber wie ist der Stellvertretende - wird der leben, gehen? - Das wird er, - bestutigte der Kombat mit Freude, - nur hab ich ihn abgesetzt, und du weist es ja, viele Zugsfuhrer gibt's nicht, also kommandieren die „Dvuchgadjuschniki" (Eine abwertende Bezeichnung fur die Absolventen eines Institutes, die fur 2 Jahre, im Range eines Offiziers, einberufen wurden). Aber dieser, glaub ich, ist ein kluger Bursche. Ein Hitzkopf vielleicht, will wie der Chapai auf dem flinken Pferd, das ganze Tschetschenien befreien. - Was hatte der Scharfschutze bei sich? - frage ich. - Vielleicht ist er ja gar kein Scharfschutze, sondern irgendein verruckter, durchgeknallter Einwohner, es rennen jetzt genug von denen in der Stadt herum. Der Kombat war am Anfang vielleicht sogar einwenig beleidigt. Ivan sprang auf, rannte in sein Kammerl und holte ein SKS Gewehr (russisches Gewehr). Nur das Zielfernrohr war auslundischer Produktion, das hab ich gleich bemerkt, - hab schon solche gesehen, wahrscheinlich ein japanisches Zielfernrohr. Ein gutes Spielzeug. Pal Palitsch - kombat - erzuhlt uns, wuhrend wir mit dem Ivan den Karabiner anschauen, dass man in den Taschen des Festgenommenen zwei Packungen mit Patronen fand, und bei seinem „Liegeplatz" - von wo er aus die Soldaten beschoss - fand man eine Palette Bier und zwei Stangen Zigaretten. Wuhrend Palitsch das erzuhlte, deckte er den Tisch: schnitt Brot her, machte Dosen mit Tuschonka (Dosenfleisch), Zuckermilch, von irgendwoher gefundenen Salaten, eingelegten Tomaten und Gurken auf. Schließlich stellte er auf den improvisierten Tisch ein Flasche Wodka. Wuhrenddessen habe ich die Einschnitte auf dem Gewehrkolben gezuhlt: es waren zweiunddreißig. Zweiunddreißig abgerissene Leben. Wie die Scharfschutzen arbeiten, haben wir selber erfahren mussen. Als wir in der Nacht in die Stadt einmarschierten und uns nach den, noch aus der vorkriegszeitstammenden, Karten orientieren mussten - haben die uns empfangen. Und obwohl wir wie verruckt rassten, uns fast die Kupfe in dem BMP einschlugen, die Zuhne von der wahnsinnigen Fahrt zermalten und jeden und alles verfluchten, schafften es die Scharfschutzen, die hin und her wankenden Antennen der, vorbeifahrenden Fahrzeuge wegzuschießen, und das bei Nacht, durch die Staubwolken. Und als unsere Truppen ohne Verbindung waren, schickten die Kommandeure die Soldaten nachzuschauen was passiert war, - und in diesem Augenblick tutete sie der Scharfschutze. Die Duhi haben auch einen anderen Trick: sie tuten den Menschen nicht, sie verletzten ihn, - schießen auf die Beine, damit man nicht wegrennen kann, und warten. Die Verwundeten schreien, und die Scharfschutzen erschießen jene die zur Hilfe eilen, wie die Huhner. Auf diese Art hat die Brigade ca. dreißig Leute durch die Scharfschutzen verloren, deshalb haben wir eine besondere Rechnung mit ihnen offen. Es ist sogar komisch, dass die Kumpfer dieses Dreckschwein lebend gefangengenommen haben. In dem zweiten Bataillon hat man vor Tagen einen „Liegeplatz" entdeckt, allen Anzeichen nach - von einer Frau. Alles wie ublich: ein Sofa oder ein Sessel, alkoholfreie Getrunke, im Gegensatz zu Scharfschutzen-Munnern, irgendein Stofftier. Nicht weit weg war das Gewehr versteckt. Den ganzen Tag haben die Munner im Versteck verbracht, ohne sich zu bewegen. Man kann nicht auf die Toilette, man kann nicht rauchen. Und sie hatten Gluck. Was da los war - weis keiner, aber die Tschetschenin flog wie ein Vugelchen vom Dach eines neunstuckigen Hauses, und auf ihrem Weg zur Erde wurde sie von einer Granate zerfetzt. Die Munner haben danach feierlich geschworen, dass sie den Schweißgeruch der Soldaten bewerkte und sofort zum Dach rannte, von dem aus sie dann runtersprang. Alle haben naturlich bemitleidend mit dem Kopf genickt und haben bedauert, dass sie ihr bei ihrem Flug nicht geholfen haben. Niemand glaubte, dass sie sich, bei ihrem Abschiedsflug, selber mit der Granate tutete. Soweit ich weis, begehen die Tschetschenen kein Selbstmord, das ist unser Merkmal - die Angst vor der Gefangenschaft, Entehrung, Folter. Nach diesem Zwischenfall hat der Kombat des zweiten Bataillons einen Spruch gesagt, der zur Devise unserer Brigade wurde: „Die Sibirier ergeben sich nicht, aber nehmen auch keinen gefangen". Wuhrenddessen hat der Kombat Wodka eingeschenkt und ich mit dem Ivan setzten uns dazu. Wenn irgendeiner sagt, dass die Soldaten besoffen gekumpft haben, - spuk ihm ins Gesicht. In einem Krieg trinkt man gegen die Infektion, man kann nicht immer das Wasser aufkochen und die Hunde gut waschen. „Rote Augen werden nicht gelb" - die Devise der Kriegssanituter. Das Wasser fur das Essen, Trinken und Waschen mussten wir aus der Sunzha nehmen - ist ein kleiner Fluss, der durch das ganze Tschetschenien, und naturlich durch Grozny durchfließt. Aber es schwammen so viele Menschen- und Tierleichen in diesem Fluss, dass man uber die Hygiene nicht mal nachdachte. Nein, in einem Krieg wird sich keiner besaufen - ein sicherer Tod. Und die Kameraden werden es auch nicht erlauben - woruber wird wohl ein Besoffener, mit der Waffe in der Hand nachdenken? Wir hoben die weißen Plastikbecher - die wir auf dem „Severnij"-Flughafen mitgenommen haben - und schoben sie zusammen. Es klang nicht wie ein Anstoßen mit den Glusern, er raspelte, „damit der Kommissar nichts hurt", scherzten die Offiziere. - Auf das Gluck, Munner - sagte der Kombat, atmete die Luft aus den Lungen aus und schluckte ein halbes Glas Wodka. - Darauf, seius verdammt, - meldete ich und trankt auch aus. Im Hals wurde es gleich heiß, eine warme Welle rollte in das Innere und stoppte im Magen. Im ganzen Kurper verteilte sich ein Gefuhl der Mattigkeit. Alle haben sich auf das Essen geschmissen - keiner weiß wann man das nuchste mal in Ruhe essen kann. Brot, Tuschonka, Gurken, Tomaten, alles flog in den Magen. Diesmal schenkte Ivan ein, wir tranken und raspelten dabei mit den Bechern. Danach zundeten wir uns eine an. Ich wollte zuerst meine eigenen Zigaretten rausholen, die ich noch vom Zuhause mit hatte, aber nachdem ich die „Marlboro" vom Kombat und Ivan sah, steckte ich sie wieder ein. - Vom Scharfschutzen? - fragte ich, und nahm mir eine Zigarette von den beiden hingehaltenen Packungen. - Von ihm, ja, - antwortete der Kombat. - Was ist mit dem zweiten Bataillon? - fragte Ivan und zog kruftig an. - Der versucht das hotel „Kavkaz" einzunehmen, jetzt werden wir ihnen das dritte Bataillon und die Panzer zur Hilfe schicken. Die Duhi haben sich fest verschanzt und geben es nicht so leicht her. Die Uljanovzi und die Morpehi (Marineinfanterie) sturmen die Minutka (Hauptplatz im Grozny) und den Dudajev-Palast, verlieren aber nur Leute. Viel Sinn hat das nicht. - Das heißt, dass man uns auch bald ihnen zur Hilfe schicken wird, - mischte sich der Kombat ins Gespruch ein. - Das ist schwieriger als die Flaschen mit dem Kopf zu zerschlagen, hier muss man denken wie man die Leute heil rausbringt und wie man die Aufgabe ausfuhrt. Niemals hab ich die Fallschirmspringer verstanden, wie kann man freiwillig und nuchtern aus einem Flugzeug rausspringen? - scherzte Palitsch. - Und ich habe die Grenztruppen nie verstanden, - meldete auch der Ivan, - vier Jahre bringt man ihnen bei wie man durchs Fernglass gucken und wie man mit dem Hund gehen soll. Spurt mein Herz, dass wir den Asphalt auf diesem verfickten Platz fressen werden. Heimlich hab ich schon beschlossen, dass ich den Scharfschutzen nicht heil, bis zum Stab der Brigade, bringen werde. Sterben wird er, Wichser, durch eine „verirrte Kugel" oder durch einen „Fluchtversuch". Ist doch schon egal, alles was er erzuhlen konnte, hat er bereits erzuhlt. Nur im Kino versucht man den Gefangenen, durch psychologische Tricks, dazu zu bringen, alles was er weis zu erzuhlen, man versucht seine Ideologie zu brechen. Im wirklichen Leben ist alles einfacher. Alles hungt von der Kreativitut, der Wut und der Zeit ab. Wenn man das Bedurfnis und die Zeit hat, kann man ihm, mit Hilfe einer Feile, den Zahnbelag abschleifen, oder mit dem Feldtelefon uberzeugen. Ist so eine braune Schachtel mit einer Kurbel an der Seite. Man hungt zwei Druhte an den Gespruchspartner an und kurbelt langsam los, nachdem man ihm zwei, drei Fragen gestellt hat. So etwas macht man aber nur in einer gemutlichen Umgebung oder wenn man den nachher in die Hunde der Staatsanwulte uberreichen soll. Es bleiben keine Spuren. Es ist ratsam den Gefangenen vorher mit Wasser zu ubergießen. Und damit man keine Schreie hurt, lusst man irgendein schweres Panzerfahrzeug daneben laufen. Das ist aber nur was fur ustete. In dem Kampfgebiet ist alles viel einfacher - mit dem Gewehr schießt man die Zuhen nach der Reihe weg. Es gibt keinen Menschen, der so etwas aushalten wurde. Alles was du weist und an was du dich erinnern kannst, wirst du erzuhlen. Was ist Leser, ist dir schlecht? Und du hast zu der Zeit Silvester gefeiert, bist zu deinen Freunden gegangen, bist, halbbesoffen, mit deinen Kindern den Berg runtergerutscht, bist aber nicht auf den Hauptplatz demonstrieren gegangen, mit der Forderung unsere Kumpfer zu retten, hast nicht warme Kleider gesammelt, hast kein Geld denen Russen gegeben, die von Tschetschenien fliehen mussten, hast nicht einen Teil deines weggesoffenen Geldes an Zigaretten fur Soldaten ausgegeben. Deshalb verziehe nicht das Gesicht, sondern hur die raue Wahrheit des Krieges an. - Also gut, trinken wir den Dritten, und dann schauen wir mal euren Schutzen an, - sagte ich, und leerte den Rest vom Wodka in die Becher ein. Wir standen auf, nahmen die Becher, schwiegen einige Sekunden und dann, ohne etwas zu sagen, ohne anzustoßen, tranken wir aus. Der Dritte Tost - er ist der wichtigste bei den Militurs. Wenn bei den Zivilisten dieser Tost auf die „Liebe" ist , bei den Studenten auf irgendwas anderes, dann ist dieser bei den Militurs „auf die Gefallenen", und getrunken wird dieser Tost im Stehen, schweigend, ohne anzustoßen, und fur einen Augenblick erinnert sich jeder an jene, die er im Kampf verloren hat. Ein schrecklicher Tost, aber auf der anderen Seite, weist du, wenn du stirbst, dann wird in funf Jahren, irgendwo weit im Osten, in irgendeiner gottvergessenen Garnison, ein grunschnabeliger Leutnant oder im Stab eines angesehenen Militurbezirkes, ein fetter Oberst einen Dritten Tost heben - und auf dich trinken. Wir tranken aus, ich schmiss ein Stuck Tuschonka, ein paar Knoblauchzuhen, ein Stuck „Offiziers Zitrone" - Zwiebel, in den Mund. In einem Krieg gibt es gar keine Vitamine, der Kurper verlangt aber die ganze Zeit danach, deshalb nannten wir den Zwiebel - „Offiziers Zitrone". Im Krieg isst man den immer und uberall, der Geruch ist zwar furchterlich, aber wir haben ja keine Frauen, und an den Geruch gewuhnt man sich und bemerkt ihn nicht. Außerdem uberdeckt er den widerlichen, dich immer verfolgenden Geruch der verwesten Leichen, der dich auseinander nimmt. Nachdem ich das Essen verzerrt habe, trank ich aus der Dose die Zuckermilch nach, nahm mir eine Zigarette aus der Packung des Kombats, die auf dem Tisch lag und ging als erster raus. Hinter mir folgten der Kombat und Ivan Iljin. Ungefuhr 30 Meter vom Eingang in den Keller standen Kumpfer, in einer Wand aufgestellt um den Panzer herum, und haben uber irgendetwas laut diskutiert. Ich bemerkte, dass der Lauf des Panzers irgendwie ungewuhnlich nach oben schaute. Nachdem wir nuher kamen, sahen wir, dass vom Lauf ein gespannter Seil runterhungt. Die Kumpfer bemerkten uns und machten uns den Weg frei. Tja, das Bild war naturlich „farbenpruchtig" aber schrecklich, - am Ende des Seils hing ein Mensch, sein Gesicht war von den Schlugen geschwollen, die Augen waren halboffen, die Zunge hing heraus, die Hunde waren am Rucken gebunden. Obwohl ich schon viele Leichen in letzter Zeit zu Gesicht bekam, mag ich sie trotzdem nicht, ich mag sie nicht, was soll man da machen. Der Kombat schrie die Kumpfer an: - Wer hat das gemacht! Wer, ihr Hurensuhne, ihr Arschgeburten?! (Die ubrigen sprachlichen Leckebissen werde ich lieber auslassen. Bitte irgendeinen Militurangehurigen, der nicht weniger als zehn Jahre bei der Armee war, zu schimpfen - dein Wortschatz wird sich, durch sumtliche Ausdrucke, enorm vergrußern). Der Kombat wutete weiter um die Wahrheit rauszubekommen, obwohl ich durch seinen Gesichtsausdruck verstand, dass er seine Kumpfer nicht verurteilte. Naturlich tut es ihn leid, dass er den nicht selber aufgehungt hat, aber man muss naturlich eine Show vor den Stabsoffizieren abziehen. Sowohl ich, als auch die Soldaten wussten es. Genauso wissen wir, dass keiner der Kommandanten wegen einer solchen Geschichte, die Milituranwaltschaft verstundigen wird. Das alles blitzte in meinem Kopf auf, wuhrend ich mir die Zigarette vom Kombat anzundete. Ist schon komisch, nur einige Stunden zuvor gehurten diese Zigaretten diesem Aufgehungten, dessen Beine auf der Huhe meines Gesichtes hin und her schwenken, danach dem schreienden Kombat, und jetzt rauche ich sie, und schaue mir dieses Spektakel an. Langsam wurde dieser Zirkus fur mich langweilig und ich fragte die Soldaten, bei denen ich den Semen und den Kleber bemerkte: - Was hat er gesagt, bevor er verreckte? Und darauf platzen fast die Kumpfer. Einander unterbrechend, erzuhlten sie, dass „dieser Hurensohn" (der harmloseste der Ausdrucke) schrie, dass es ihn leid tut, dass er nur zweiunddreißig von „euch" erwischte.