Silva. Auch hier! Ist nicht alles still und ruhig, als wenn kein Aufstand gewesen wÃ?re? Gomez. Nun, es war auch schon meist still, als wir her kamen. Silva. In den Provinzen ist es viel ruhiger geworden; und wenn sich noch einer bewegt, so ist es, um zu entfliehen. Aber auch diesen wird er die Wege bald versperren, denk ich. Gomez. Nun wird er erst die Gunst des KÃnigs gewinnen. Silva. Und uns bleibt nichts angelegener, als uns die seinige zu erhalten. Wenn der KÃnig hieherkommt, bleibt gewiÃ? der Herzog und jeder, den er empfiehlt, nicht unbelohnt. Gomez. Glaubst du, daÃ? der KÃnig kommt? Silva. Es werden so viele Anstalten gemacht, daÃ? es hÃchst wahrscheinlich ist. Gomez. Mich Ã?berreden sie nicht. Silva. So rede wenigstens nicht davon. Denn wenn des KÃnigs Absicht ja nicht sein sollte zu kommen, so ist sie's doch wenigstens gewiÃ?, daÃ? man es glauben soll. (Ferdinand, Albas natÃ?rlicher Sohn.) Ferdinand. Ist mein Vater noch nicht heraus? Silva. Wir warten auf ihn. Ferdinand. Die FÃ?rsten werden bald hier sein. Gomez. Kommen sie heute? Ferdinand. Oranien und Egmont. Gomez (leise zu Silva). Ich begreife etwas. Silva. So behalt es fÃ?r dich. (Herzog von Alba. - Wie er herein- und hervortritt, treten die andern zurÃ?ck.) Alba. Gomez. Gomez (tritt vor). Herr! Alba. Du hast die Wachen verteilt und beordert? Gomez. Aufs genaueste. Die tÃ?glichen Runden - Alba. Genug. Du wartest in der Galerie. Silva wird dir den Augenblick sagen, wenn du sie zusammenziehen, die ZugÃ?nge nach dem Palast besetzen sollst. Das Ã?brige weiÃ?t du. Gomez. Ja, Herr! (Ab.) Alba. Silva! Silva. Hier bin ich. Alba. Alles, was ich von jeher an dir geschÃ?tzt habe, Mut, Entschlossenheit, unaufhaltsames AusfÃ?hren, das zeige heut. Silva. Ich danke Euch, daÃ? Ihr mir Gelegenheit gebt zu zeigen, daÃ? ich der alte bin. Alba. Sobald die FÃ?rsten bei mir eingetreten sind, dann eile gleich, Egmonts Geheimschreiber gefangenzunehmen. Du hast alle Anstalten gemacht, die Ã?brigen, welche bezeichnet sind, zu fahen? Silva. Vertraue auf uns. Ihr Schicksal wird sie, wie eine wohlberechnete Sonnenfinsternis, pÃ?nktlich und schrecklich treffen. Alba. Hast du sie genau beobachten lassen? Silva. Alle; den Egmont vor andern. Er ist der einzige, der, seit du hier bist, sein Betragen nicht geÃ?ndert hat. Den ganzen Tag von einem Pferd aufs andere, ladet GÃ?ste, ist immer lustig und unterhaltend bei Tafel, wÃ?rfelt, schieÃ?t und schleicht nachts zum Liebchen. Die andern haben dagegen eine merkliche Pause in ihrer Lebensart gemacht; sie bleiben bei sich; vor ihrer TÃ?re sieht's aus, als wenn ein Kranker im Hause wÃ?re. Alba. Drum rasch! eh sie uns wider Willen genesen. Silva. Ich stelle sie. Auf deinen Befehl Ã?berhÃ?ufen wir sie mit dienstfertigen Ehren. Ihnen graut's; politisch geben sie uns einen Ã?ngstlichen Dank, fÃ?hlen, das RÃ?tlichste sei, zu entfliehen, keiner wagt einen Schritt, sie zaudern, kÃnnen sich nicht vereinigen; und einzeln etwas KÃ?hnes zu tun, hÃ?lt sie der Gemeingeist ab. Sie mÃchten gern sich jedem Verdacht entziehen und machen sich immer verdÃ?chtiger. Schon seh ich mit Freuden deinen ganzen Anschlag ausgefÃ?hrt. Alba. Ich freue mich nur Ã?ber das Geschehene; und auch Ã?ber das nicht leicht; denn es bleibt stets noch Ã?brig, was uns zu denken und zu sorgen gibt. Das GlÃ?ck ist eigensinnig, oft das Gemeine, das NichtswÃ?rdige zu adeln und wohlÃ?berlegte Taten mit einem gemeinen Ausgang zu entehren. Verweile, bis die FÃ?rsten kommen; dann gib Gomez die Ordre, die StraÃ?en zu besetzen, und eile selbst, Egmonts Schreiber und die Ã?brigen gefangenzunehmen, die dir bezeichnet sind. Ist es getan, so komm hierher und meld es meinem Sohne, daÃ? er mir in den Rat die Nachricht bringe. Silva. Ich hoffe, diesen Abend vor dir stehn zu dÃ?rfen. (Alba geht nach seinem Sohne, der bisher in der Galerie gestanden.) Silva. Ich traue mir es nicht zu sagen; aber meine Hoffnung schwankt. Ich fÃ?rchte, es wird nicht werden, wie er denkt. Ich sehe Geister vor mir, die still und sinnend auf schwarzen Schalen das Geschick der FÃ?rsten und vieler Tausende wÃ?gen. Langsam wankt das ZÃ?nglein auf und ab; tief scheinen die Richter zu sinnen; zuletzt sinkt diese Schale, steigt jene, angehaucht vom Eigensinn des Schicksals, und entschieden ist's. (Ab.) (Alba mit Ferdinand hervortretend.) Alba. Wie fandst du die Stadt? Ferdinand. Es hat sich alles gegeben. Ich ritt, als wie zum Zeitvertreib, straÃ?auf, straÃ?ab. Eure wohlverteilten Wachen halten die Furcht so angespannt, daÃ? sie sich nicht zu lispeln untersteht. Die Stadt sieht einem Felde Ã?hnlich, wenn das Gewitter von weitem leuchtet; man erblickt keinen Vogel, kein Tier, als das eilend nach einem Schutzorte schlÃ?pft. Alba. Ist dir nichts weiter begegnet? Ferdinand. Egmont kam mit einigen auf den Markt geritten; wir grÃ?Ã?ten uns; er hatte ein rohes Pferd, das ich ihm loben muÃ?te. Â'LaÃ?t uns eilen, Pferde zuzureiten, wir werden sie bald brauchen!Â' rief er mir entgegen. Er werde mich noch heute wiedersehn, sagte er, und komme, auf Euer Verlangen, mit Euch zu ratschlagen. Alba. Er wird dich wiedersehn. Ferdinand. Unter allen Rittern, die ich hier kenne, gefÃ?llt er mir am besten. Es scheint, wir werden Freunde sein. Alba. Du bist noch immer zu schnell und wenig behutsam; immer erkenn ich in dir den Leichtsinn deiner Mutter, der mir sie unbedingt in die Arme lieferte. Zu mancher gefÃ?hrlichen Verbindung lud dich der Anschein voreilig ein. Ferdinand. Euer Wille findet mich bildsam. Alba. Ich vergebe deinem jungen Blute dies leichtsinnige Wohlwollen, diese unachtsame FrÃhlichkeit. Nur vergiÃ? nicht, zu welchem Werke ich gesandt bin, und welchen Teil ich dir dran geben mÃchte. Ferdinand. Erinnert mich, und schont mich nicht, wo Ihr es nÃtig haltet. Alba (nach einer Pause). Mein Sohn! Ferdinand. Mein Vater! Alba. Die FÃ?rsten kommen bald, Oranien und Egmont kommen. Es ist nicht MiÃ?trauen, daÃ? ich dir erst jetzt entdecke, was geschehen soll. Sie werden nicht wieder von hinnen gehn. Ferdinand. Was sinnst du? Alba. Es ist beschlossen, sie festzuhalten. - Du erstaunst! Was du zu tun hast, hÃre; die Ursachen sollst du wissen, wenn es geschehn ist. Jetzt bleibt keine Zeit, sie auszulegen. Mit dir allein wÃ?nscht' ich das GrÃÃ?te, das Geheimste zu besprechen; ein starkes Band hÃ?lt uns zusammengefesselt; du bist mir wert und lieb; auf dich mÃcht' ich alles hÃ?ufen. Nicht die Gewohnheit zu gehorchen allein mÃcht' ich dir einprÃ?gen; auch den Sinn, auszudenken, zu befehlen, auszufÃ?hren, wÃ?nscht' ich in dir fortzupflanzen; dir ein groÃ?es Erbteil, dem KÃnige den brauchbarsten Diener zu hinterlassen; dich mit dem Besten, was ich habe, auszustatten, daÃ? du dich nicht schÃ?men dÃ?rfest, unter deine BrÃ?der zu treten. Ferdinand. Was werd ich dir nicht fÃ?r diese Liebe schuldig, die du mir allein zuwendest, indem ein ganzes Reich vor dir zittert! Alba. Nun hÃre, was zu tun ist. Sobald die FÃ?rsten eingetreten sind, wird jeder Zugang zum Palaste besetzt. Dazu hat Gomez die Ordre. Silva wird eilen, Egmonts Schreiber mit den VerdÃ?chtigsten gefangenzunehmen. Du hÃ?ltst die Wache am Tore und in den HÃfen in Ordnung. Vor allen Dingen besetze diese Zimmer hier neben mit den sichersten Leuten; dann warte auf der Galerie, bis Silva wiederkommt, und bringe mir irgendein unbedeutend Blatt herein, zum Zeichen, daÃ? sein Auftrag ausgerichtet ist. Dann bleib im Vorsaale, bis Oranien weggeht; folg ihm; ich halte Egmont hier, als ob ich ihm noch was zu sagen hÃ?tte. Am Ende der Galerie fordre Oraniens Degen, rufe die Wache an, verwahre schnell den gefÃ?hrlichsten Mann; und ich fasse Egmont hier. Ferdinand. Ich gehorche, mein Vater. Zum erstenmal mit schwerem Herzen und mit Sorge. Alba. Ich verzeihe dir's; es ist der erste groÃ?e Tag, den du erlebst. (Silva tritt herein.) Silva. Ein Bote von Antwerpen. Hier ist Oraniens Brief! Er kommt nicht. Alba. Sagt' es der Bote? Silva. Nein, mir sagt's das Herz. Alba. Aus dir spricht mein bÃser Genius. (Nachdem er den Brief gelesen, winkt er beiden, und sie ziehen sich in die Galerie zurÃ?ck. Er bleibt allein auf dem Vorderteile.) Er kommt nicht! Bis auf den letzten Augenblick verschiebt er, sich zu erklÃ?ren. Er wagt es, nicht zu kommen! So war denn diesmal wider Vermuten der Kluge klug genug, nicht klug zu sein! - Es rÃ?ckt die Uhr! Noch einen kleinen Weg des Seigers, und ein groÃ?es Werk ist getan oder versÃ?umt, unwiederbringlich versÃ?umt; denn es ist weder nachzuholen, noch zu verheimlichen. LÃ?ngst hatt' ich alles reiflich abgewogen, und mir auch diesen Fall gedacht, mir festgesetzt, was auch in diesem Falle zu tun sei; und jetzt, da es zu tun ist, wehr ich mir kaum, daÃ? nicht das FÃ?r und Wider mir aufs neue durch die Seele schwankt. - Ist's rÃ?tlich, die andern zu fangen, wenn er mir entgeht? Schieb ich es auf und laÃ? Egmont mit den Seinigen, mit so vielen entschlÃ?pfen, die nun, vielleicht nur heute noch, in meinen HÃ?nden sind? So zwingt dich das Geschick denn auch, du Unbezwinglicher? Wie lang gedacht! Wie wohl bereitet! Wie groÃ?, wie schÃn der Plan! Wie nah die Hoffnung ihrem Ziele! und nun im Augenblick des Entscheidens bist du zwischen zwei Ã?bel gestellt; wie in einen Lostopf greifst du in die dunkle Zukunft; was du fassest, ist noch zugerollt, dir unbewuÃ?t, sei's Treffer oder Fehler! (Er wird aufmerksam, wie einer, der etwas hÃrt, und tritt ans Fenster.) Er ist es! Egmont! - Trug dich dein Pferd so leicht herein und scheute vor dem Blutgeruche nicht und vor dem Geiste mit dem blanken Schwert, der an der Pforte dich empfÃ?ngt? - Steig ab! - So bist du mit dem einen FuÃ? im Grab! und so mit beiden! - ja streichl' es nur und klopfe fÃ?r seinen mutigen Dienst zum letztenmale den Nacken ihm - Und mir bleibt keine Wahl. In der Verblendung, wie hier Egmont naht, kann er dir nicht zum zweitenmal sich liefern! - HÃrt! (Ferdinand und Silva treten eilig herbei.) Alba. Ihr tut, was ich befahl; ich Ã?ndre meinen Willen nicht. Ich halte, wie es gehn will, Egmont auf, bis du mir von Silva die Nachricht gebracht hast. Dann bleib in der NÃ?he. Auch dir raubt das Geschick das groÃ?e Verdienst, des KÃnigs grÃÃ?ten Feind mit eigener Hand gefangen zu haben. (Zu Silva.) Eile! (Zu Ferdinand.) Geh ihm entgegen. (Alba bleibt einige Augenblicke allein und geht schweigend auf und ab.) (Egmont tritt auf.) Egmont. Ich komme, die Befehle des KÃnigs zu vernehmen, zu hÃren, welchen Dienst er von unserer Treue verlangt, die ihm ewig ergeben bleibt. Alba. Er wÃ?nscht vor allen Dingen Euern Rat zu hÃren. Egmont. Ã?ber welchen Gegenstand? Kommt Oranien auch? Ich vermutete ihn hier. Alba. Mir tut es leid, daÃ? er uns eben in dieser wichtigen Stunde fehlt. Euern Rat, Eure Meinung wÃ?nscht der KÃnig, wie diese Staaten wieder zu befriedigen. Ja, er hofft, Ihr werdet krÃ?ftig mitwirken, diese Unruhen zu stillen und die Ordnung der Provinzen vÃllig und dauerhaft zu grÃ?nden. Egmont. Ihr kÃnnt besser wissen als ich, daÃ? schon alles genug beruhigt ist, ja, noch mehr beruhigt war, eh die Erscheinung der neuen Soldaten wieder mit Furcht und Sorge die GemÃ?ter bewegte. Alba. Ihr scheint andeuten zu wollen, das RÃ?tlichste sei gewesen, wenn der KÃnig mich gar nicht in den Fall gesetzt hÃ?tte, Euch zu fragen. Egmont. Verzeiht! Ob der KÃnig das Heer hÃ?tte schicken sollen, ob nicht vielmehr die Macht seiner majestÃ?tischen Gegenwart allein stÃ?rker gewirkt hÃ?tte, ist meine Sache nicht zu beurteilen. Das Heer ist da, er nicht. Wir aber mÃ?Ã?ten sehr undankbar, sehr vergessen sein, wenn wir uns nicht erinnerten, was wir der Regentin schuldig sind. Bekennen wir! Sie brachte durch ihr so kluges als tapferes Betragen die AufrÃ?hrer mit Gewalt und Ansehn, mit Ã?berredung und List zur Ruhe und fÃ?hrte zum Erstaunen der Welt ein rebellisches Volk in wenigen Monaten zu seiner Pflicht zurÃ?ck. Alba. Ich leugne es nicht. Der Tumult ist gestillt, und jeder scheint in die Grenzen des Gehorsams zurÃ?ckgebannt. Aber hÃ?ngt es nicht von eines jeden WillkÃ?r ab, sie zu verlassen? Wer will das Volk hindern loszubrechen? Wo ist die Macht, sie abzuhalten? Wer bÃ?rgt uns, daÃ? sie sich ferner treu und untertÃ?nig zeigen werden? Ihr guter Wille ist alles Pfand, das wir haben. Egmont. Und ist der gute Wille eines Volks nicht das sicherste, das edelste Pfand? Bei Gott! Wann darf sich ein KÃnig sicherer halten, als wenn sie alle fÃ?r einen, einer fÃ?r alle stehn? Sicherer gegen innere und Ã?uÃ?ere Feinde? Alba. Wir werden uns doch nicht Ã?berreden sollen, daÃ? es jetzt hier so steht? Egmont. Der KÃnig schreibe einen Generalpardon aus, er beruhige die GemÃ?ter; und bald wird man sehen, wie Treue und Liebe mit dem Zutrauen wieder zurÃ?ckkehrt. Alba. Und jeder, der die MajestÃ?t des KÃnigs, der das Heiligtum der Religion geschÃ?ndet, ginge frei und ledig hin und wider! lebte den andern zum bereiten Beispiel, daÃ? ungeheure Verbrechen straflos sind? Egmont. Und ist ein Verbrechen des Unsinns, der Trunkenheit nicht eher zu entschuldigen, als grausam zu bestrafen? Besonders wo so sichre Hoffnung, wo GewiÃ?heit ist, daÃ? die Ã?bel nicht wiederkehren werden? Waren KÃnige darum nicht sicherer? Werden sie nicht von Welt und Nachwelt gepriesen, die eine Beleidigung ihrer WÃ?rde vergeben, bedauern, verachten konnten? Werden sie nicht eben deswegen Gott gleich gehalten, der viel zu groÃ? ist, als daÃ? an ihn jede LÃ?sterung reichen sollte? Alba. Und eben darum soll der KÃnig fÃ?r die WÃ?rde Gottes und der Religion, wir sollen fÃ?r das Ansehn des KÃnigs streiten. Was der obere abzulehnen verschmÃ?ht, ist unsere Pflicht zu rÃ?chen. Ungestraft soll, wenn ich rate, kein Schuldiger sich freuen. Egmont. Glaubst du, daÃ? du sie alle erreichen wirst? HÃrt man nicht tÃ?glich, daÃ? die Furcht sie hie- und dahin, sie aus dem Lande treibt? Die Reichsten werden ihre GÃ?ter, sich, ihre Kinder und Freunde flÃ?chten; der Arme wird seine nÃ?tzlichen HÃ?nde dem Nachbar zubringen. Alba. Sie werden, wenn man sie nicht verhindern kann. Darum verlangt der KÃnig Rat und Tat von jedem FÃ?rsten, Ernst von jedem Statthalter; nicht nur ErzÃ?hlung, wie es ist, was werden kÃnnte, wenn man alles gehen lieÃ?e, wie's geht. Einem groÃ?en Ã?bel zusehen, sich mit Hoffnung schmeicheln, der Zeit vertrauen, etwa einmal dreinschlagen, wie im Fastnachtsspiel, daÃ? es klatscht und man doch etwas zu tun scheint, wenn man nichts tun mÃchte, heiÃ?t das nicht, sich verdÃ?chtig machen, als sehe man dem Aufruhr mit VergnÃ?gen zu, den man nicht erregen, wohl aber hegen mÃchte! Egmont (im Begriff aufzufahren, nimmt sich zusammen und spricht nach einer kleinen Pause gesetzt). Nicht jede Absicht ist offenbar, und manches Mannes Absicht ist zu miÃ?deuten. MuÃ? man doch auch von allen Seiten hÃren: es sei des KÃnigs Absicht weniger, die Provinzen nach einfÃrmigen und klaren Gesetzen zu regieren, die MajestÃ?t der Religion zu sichern und einen allgemeinen Frieden seinem Volke zu geben, als vielmehr sie unbedingt zu unterjochen, sie ihrer alten Rechte zu berauben, sich Meister von ihren BesitztÃ?mern zu machen, die schÃnen Rechte des Adels einzuschrÃ?nken, um derentwillen der Edle allein ihm dienen, ihm Leib und Leben widmen mag. Die Religion, sagt man, sei nur ein prÃ?chtiger Teppich, hinter dem man jeden gefÃ?hrlichen Anschlag nur desto leichter ausdenkt. Das Volk liegt auf den Knien, betet die heiligen gewirkten Zeichen an, und hinten lauscht der Vogelsteller, der sie berÃ?cken will. Alba. Das muÃ? ich von dir hÃren? Egmont. Nicht meine Gesinnungen! Nur was bald hier bald da, von GroÃ?en und von Kleinen, Klugen und Toren gesprochen, laut verbreitet wird. Die NiederlÃ?nder fÃ?rchten ein doppeltes Joch, und wer bÃ?rgt ihnen fÃ?r ihre Freiheit? Alba. Freiheit? Ein schÃnes Wort, wer's recht verstÃ?nde. Was wollen sie fÃ?r Freiheit? Was ist des Freiesten Freiheit? - Recht zu tun! - und daran wird sie der KÃnig nicht hindern. Nein! nein! sie glauben sich nicht frei, wenn sie sich nicht selbst und andern schaden kÃnnen. WÃ?re es nicht besser, abzudanken, als ein solches Volk zu regieren? Wenn auswÃ?rtige Feinde drÃ?ngen, an die kein BÃ?rger denkt, der mit dem NÃ?chsten nur beschÃ?ftigt ist, und der KÃnig verlangt Beistand: dann werden sie uneins unter sich, und verschwÃren sich gleichsam mit ihren Feinden. Weit besser ist's, sie einzuengen, daÃ? man sie wie Kinder halten, wie Kinder zu ihrem Besten leiten kann. Glaube nur, ein Volk wird nicht alt, nicht klug; ein Volk bleibt immer kindisch. Egmont. Wie selten kommt ein KÃnig zu Verstand! Und sollen sich viele nicht lieber vielen vertrauen als einem? und nicht einmal dem einen, sondern den wenigen des einen, dem Volke, das an den Blicken seines Herrn altert. Das hat wohl allein das Recht, klug zu werden. Alba. Vielleicht eben darum, weil es sich nicht selbst Ã?berlassen ist. Egmont. Und darum niemand gern sich selbst Ã?berlassen mÃchte. Man tue, was man will; ich habe auf deine Frage geantwortet und wiederhole: Es geht nicht! Es kann nicht gehen! Ich kenne meine Landsleute. Es sind MÃ?nner, wert, Gottes Boden zu betreten; ein jeder rund fÃ?r sich, ein kleiner KÃnig, fest, rÃ?hrig, fÃ?hig, treu, an alten Sitten hangend. Schwer ist's, ihr Zutrauen zu verdienen; leicht, zu erhalten. Starr und fest! Zu drÃ?cken sind sie; nicht zu unterdrÃ?cken. Alba (der sich indes einigemal umgesehen hat). Solltest du das alles in des KÃnigs Gegenwart wiederholen? Egmont. Desto schlimmer, wenn mich seine Gegenwart abschreckte! Desto besser fÃ?r ihn, fÃ?r sein Volk, wenn er mir Mut machte, wenn er mir Zutrauen einflÃÃ?te, noch weit mehr zu sagen. Alba. Was nÃ?tzlich ist, kann ich hÃren wie er. Egmont. Ich wÃ?rde ihm sagen: Leicht kann der Hirt eine ganze Herde Schafe vor sich hintreiben, der Stier zieht seinen Pflug ohne Widerstand; aber dem edeln Pferde, das du reiten willst, muÃ?t du seine Gedanken ablernen, du muÃ?t nichts Unkluges, nichts unklug von ihm verlangen. Darum wÃ?nscht der BÃ?rger seine alte Verfassung zu behalten, von seinen Landsleuten regiert zu sein, weil er weiÃ?, wie er gefÃ?hrt wird, weil er von ihnen Uneigennutz, Teilnehmung an seinem Schicksal hoffen kann. Alba. Und sollte der Regent nicht Macht haben, dieses alte Herkommen zu verÃ?ndern? und sollte nicht eben dies sein schÃnstes Vorrecht sein? Was ist bleibend auf dieser Welt? und sollte eine Staatseinrichtung bleiben kÃnnen? MuÃ? nicht in einer Zeitfolge jedes VerhÃ?ltnis sich verÃ?ndern und eben darum eine alte Verfassung die Ursache von tausend Ã?beln werden, weil sie den gegenwÃ?rtigen Zustand des Volkes nicht umfaÃ?t? Ich fÃ?rchte, diese alten Rechte sind darum so angenehm, weil sie Schlupfwinkel bilden, in welchen der Kluge, der MÃ?chtige, zum Schaden des Volks, zum Schaden des Ganzen, sich verbergen oder durchschleichen kann. Egmont. Und diese willkÃ?rlichen VerÃ?nderungen, diese unbeschrÃ?nkten Eingriffe der hÃchsten Gewalt, sind sie nicht Vorboten, daÃ? einer tun will, was Tausende nicht tun sollen? Er will sich allein frei machen, um jeden seiner WÃ?nsche befriedigen, jeden seiner Gedanken ausfÃ?hren zu kÃnnen. Und wenn wir uns ihm, einem guten weisen KÃnige, ganz vertrauten, sagt er uns fÃ?r seine Nachkommen gut? daÃ? keiner ohne RÃ?cksicht, ohne Schonung regieren werde? Wer rettet uns alsdann von vÃlliger WillkÃ?r, wenn er uns seine Diener, seine NÃ?chsten sendet, die ohne Kenntnis des Landes und seiner BedÃ?rfnisse nach Belieben schalten und walten, keinen Widerstand finden und sich von jeder Verantwortung frei wissen. Alba (der sich indes wieder umgesehen hat). Es ist nichts natÃ?rlicher, als daÃ? ein KÃnig durch sich zu herrschen gedenkt und denen seine Befehle am liebsten auftrÃ?gt, die ihn am besten verstehen, verstehen wollen, die seinen Willen unbedingt ausrichten. Egmont. Und ebenso natÃ?rlich ist's, daÃ? der BÃ?rger von dem regiert sein will, der mit ihm geboren und erzogen ist, der gleichen Begriff mit ihm von Recht und Unrecht gefaÃ?t hat, den er als seinen Bruder ansehen kann. Alba. Und doch hat der Adel mit diesen seinen BrÃ?dern sehr ungleich geteilt. Egmont. Das ist vor Jahrhunderten geschehen und wird jetzt ohne Neid geduldet. WÃ?rden aber neue Menschen ohne Not gesendet, die sich zum zweitenmale auf Unkosten der Nation bereichern wollten, sÃ?he man sich einer strengen, kÃ?hnen, unbedingten Habsucht ausgesetzt; das wÃ?rde eine GÃ?rung machen, die sich nicht leicht in sich selbst auflÃste. Alba. Du sagst mir, was ich nicht hÃren sollte: auch ich bin fremd. Egmont. DaÃ? ich dir's sage, zeigt dir, daÃ? ich dich nicht meine. Alba. Und auch so wÃ?nscht' ich es nicht von dir zu hÃren. Der KÃnig sandte mich mit Hoffnung, daÃ? ich hier den Beistand des Adels finden wÃ?rde. Der KÃnig will seinen Willen. Der KÃnig hat nach tiefer Ã?berlegung gesehen, was dem Volke frommt; es kann nicht bleiben und gehen wie bisher. Des KÃnigs Absicht ist, sie selbst zu ihrem eignen Besten einzuschrÃ?nken, ihr eigenes Heil, wenn's sein muÃ?, ihnen aufzudringen, die schÃ?dlichen BÃ?rger aufzuopfern, damit die Ã?brigen Ruhe finden, des GlÃ?cks einer weisen Regierung genieÃ?en kÃnnen. Dies ist sein EntschluÃ?; diesen dem Adel kundzumachen habe ich Befehl; und Rat verlang ich in seinem Namen, wie es zu tun sei, nicht was: denn das hat er beschlossen. Egmont. Leider rechtfertigen deine Worte die Furcht des Volkes, die allgemeine Furcht! So hat er denn beschlossen, was kein FÃ?rst beschlieÃ?en sollte. Die Kraft seines Volks, ihr GemÃ?t, den Begriff, den sie von sich selbst haben, will er schwÃ?chen, niederdrÃ?cken, zerstÃren, um sie bequem regieren zu kÃnnen. Er will den innern Kern ihrer Eigenheit verderben; gewiÃ? in der Absicht, sie glÃ?cklicher zu machen. Er will sie vernichten, damit sie etwas werden, ein ander Etwas. O wenn seine Absicht gut ist, so wird sie miÃ?geleitet! Nicht dem KÃnige widersetzt man sich; man stellt sich nur dem KÃnige entgegen, der einen falschen Weg zu wandeln, die ersten unglÃ?cklichen Schritte macht. Alba. Wie du gesinnt bist, scheint es ein vergeblicher Versuch, uns vereinigen zu wollen. Du denkst gering vom KÃnige und verÃ?chtlich von seinen RÃ?ten, wenn du zweifelst, das alles sei nicht schon gedacht, geprÃ?ft, gewogen worden. Ich habe keinen Auftrag, jedes FÃ?r und Wider noch einmal durchzugehen. Gehorsam fordre ich von dem Volke: - und von Euch, ihr Ersten, Edelsten, Rat und Tat, als BÃ?rgen dieser unbedingten Pflicht. Egmont. Fordre unsre HÃ?upter, so ist es auf einmal getan. Ob sich der Nacken diesem Joche biegen, ob er sich vor dem Beile ducken soll, kann einer edeln Seele gleich sein. Umsonst hab ich so viel gesprochen: die Luft hab ich erschÃ?ttert, weiter nichts gewonnen. (Ferdinand kommt.) Ferdinand. Verzeiht, daÃ? ich Euer GesprÃ?ch unterbreche. Hier ist ein Brief, dessen Ã?berbringer die Antwort dringend macht. Alba. Erlaubt mir, daÃ? ich sehe, was er enthÃ?lt. (Tritt an die Seite.) Ferdinand (zu Egmont). Es ist ein schÃnes Pferd, das Eure Leute gebracht haben, Euch abzuholen. Egmont. Es ist nicht das schlimmste. Ich hab es schon eine Weile; ich denk es wegzugeben. Wenn es Euch gefÃ?llt, so werden wir vielleicht des Handels einig. Ferdinand. Gut, wir wollen sehn. (Alba winkt seinem Sohne, der sich in den Grund zurÃ?ckzieht.) Egmont. Lebt wohl! EntlaÃ?t mich: denn ich wÃ?Ã?te, bei Gott! nicht mehr zu sagen. Alba. GlÃ?cklich hat dich der Zufall verhindert, deinen Sinn noch weiter zu verraten. Unvorsichtig entwickelst du die Falten deines Herzens und klagst dich selbst weit strenger an, als ein Widersacher gehÃ?ssig tun kÃnnte. Egmont. Dieser Vorwurf rÃ?hrt mich nicht; ich kenne mich selbst genug und weiÃ?, wie ich dem KÃnig angehÃre; weit mehr als viele, die in seinem Dienst sich selber dienen. Ungern scheid ich aus diesem Streite, ohne ihn beigelegt zu sehen, und wÃ?nsche nur, daÃ? uns der Dienst des Herrn, das Wohl des Landes bald vereinigen mÃge. Es wirkt vielleicht ein wiederholtes GesprÃ?ch, die Gegenwart der Ã?brigen FÃ?rsten, die heute fehlen, in einem glÃ?cklichern Augenblick, was heut unmÃglich scheint. Mit dieser Hoffnung entfern ich mich. Alba (der zugleich seinem Sohn Ferdinand ein Zeichen gibt). Halt, Egmont! - Deinen Degen! - (Die MitteltÃ?r Ãffnet sich: man sieht die Galerie mit Wache besetzt, die unbeweglich bleibt.) Egmont (der staunend eine Weile geschwiegen). Dies war die Absicht? Dazu hast du mich berufen? (Nach dem Degen greifend, als wenn er sich verteidigen wollte.) Bin ich denn wehrlos? Alba. Der KÃnig befiehlt's, du bist mein Gefangener. (Zugleich treten von beiden Seiten Gewaffnete herein.) Egmont (nach einer Stille). Der KÃnig? - Oranien! Oranien! (Nach einer Pause, seinen Degen hingebend.) So nimm ihn! Er hat weit Ãfter des KÃnigs Sache verteidigt, als diese Brust beschÃ?tzt. (Er geht durch die MitteltÃ?r ab: die Gewaffneten, die im Zimmer sind, folgen ihm; ingleichen Albas Sohn. Alba bleibt stehen. Der Vorhang fÃ?llt.) FÃ?nfter Aufzug StraÃ?e DÃ?mmerung KlÃ?rchen. Brackenburg. BÃ?rger. Brackenburg. Liebchen, um Gottes willen, was nimmst du vor? KlÃ?rchen. Komm mit, Brackenburg! Du muÃ?t die Menschen nicht kennen; wir befreien ihn gewiÃ?. Denn was gleicht ihrer Liebe zu ihm? Jeder fÃ?hlt, ich schwÃr es, in sich die brennende Begier, ihn zu retten, die Gefahr von einem kostbaren Leben abzuwenden und dem Freiesten die Freiheit wiederzugeben. Komm! Es fehlt nur an der Stimme, die sie zusammenruft. In ihrer Seele lebt noch ganz frisch, was sie ihm schuldig sind! und daÃ? sein mÃ?chtiger Arm allein von ihnen das Verderben abhÃ?lt, wissen sie. Um seinet- und ihretwillen mÃ?ssen sie alles wagen. Und was wagen wir? Zum hÃchsten unser Leben, das zu erhalten nicht der MÃ?he wert ist, wenn er umkommt. Brackenburg. UnglÃ?ckliche! du siehst nicht die Gewalt, die uns mit ehernen Banden gefesselt hat. KlÃ?rchen. Sie scheint mir nicht unÃ?berwindlich. LaÃ? uns nicht lang vergebliche Worte wechseln. Hier kommen von den alten, redlichen, wackern MÃ?nnern! HÃrt, Freunde! Nachbarn, hÃrt! - Sagt, wie ist es mit Egmont? Zimmermeister. Was will das Kind? LaÃ? sie schweigen, KlÃ?rchen. Tretet nÃ?her, daÃ? wir sachte reden, bis wir einig sind und stÃ?rker. Wir dÃ?rfen nicht einen Augenblick versÃ?umen! Die freche Tyrannei, die es wagt, ihn zu fesseln, zuckt schon den Dolch, ihn zu ermorden. O Freunde! mit jedem Schritt der DÃ?mmerung werd ich Ã?ngstlicher. Ich fÃ?rchte diese Nacht! Kommt! wir wollen uns teilen; mit schnellem Lauf von Quartier zu Quartier rufen wir die BÃ?rger heraus. Ein jeder greife zu seinen alten Waffen. Auf dem Markte treffen wir uns wieder, und unser Strom reiÃ?t einen jeden mit sich fort. Die Feinde sehen sich umringt und Ã?berschwemmt, und sind erdrÃ?ckt. Was kann uns eine Handvoll Knechte widerstehen? Und er in unsrer Mitte kehrt zurÃ?ck, sieht sich befreit und kann uns einmal danken, uns, die wir ihm so tief verschuldet worden. Er sieht vielleicht - gewiÃ? er sieht das Morgenrot am freien Himmel wieder. Zimmermeister. Wie ist dir, MÃ?dchen? KlÃ?rchen. KÃnnt ihr mich miÃ?verstehn? Vom Grafen sprech ich! Ich spreche von Egmont. Jetter. Nennt den Namen nicht! Er ist tÃdlich. KlÃ?rchen. Den Namen nicht! Wie? Nicht diesen Namen? Wer nennt ihn nicht bei jeder Gelegenheit? Wo steht er nicht geschrieben? In diesen Sternen hab ich oft mit allen seinen Lettern ihn gelesen. Nicht nennen? Was soll das? Freunde! Gute, teure Nachbarn, ihr trÃ?umt; besinnt euch. Seht mich nicht so starr und Ã?ngstlich an! Blickt nicht schÃ?chtern hie und da beiseite. Ich ruf euch ja nur zu, was jeder wÃ?nscht. Ist meine Stimme nicht eures Herzens eigne Stimme? Wer wÃ?rfe sich in dieser bangen Nacht, eh' er sein unruhvolles Bette besteigt, nicht auf die Knie, ihn mit ernstlichem Gebet vom Himmel zu erringen? Fragt euch einander! frage jeder sich selbst! und wer spricht mir nicht nach: Â'Egmonts Freiheit oder den Tod!Â' Jetter. Gott bewahr' uns! Da gibt's ein UnglÃ?ck. KlÃ?rchen. Bleibt! Bleibt, und drÃ?ckt euch nicht vor seinem Namen weg, dem ihr euch sonst so froh entgegendrÃ?ngtet! - Wenn der Ruf ihn ankÃ?ndigte, wenn es hieÃ?: Â'Egmont kommt! Er kommt von Gent!Â' da hielten die Bewohner der StraÃ?en sich glÃ?cklich, durch die er reiten muÃ?te. Und wenn ihr seine Pferde schallen hÃrtet, warf jeder seine Arbeit hin, und Ã?ber die bekÃ?mmerten Gesichter, die ihr durchs Fenster stecktet, fuhr wie ein Sonnenstrahl von seinem Angesichte ein Blick der Freude und Hoffnung. Da hobt ihr eure Kinder auf der TÃ?rschwelle in die HÃhe und deutetet ihnen: Â'Sieh, das ist Egmont, der GrÃÃ?te da! Er ist's! Er ist's, von dem ihr bessere Zeiten, als eure armen VÃ?ter lebten, einst zu erwarten habt.Â' LaÃ?t eure Kinder nicht dereinst euch fragen: Â'Wo ist er hin? Wo sind die Zeiten hin, die ihr verspracht?Â' - Und so wechseln wir Worte! sind mÃ?Ã?ig, verraten ihn. Soest. SchÃ?mt Euch, Brackenburg! LaÃ?t sie nicht gewÃ?hren! Steuert dem Unheil! Brackenburg. Liebes KlÃ?rchen! wir wollen gehen! Was wird die Mutter sagen? Vielleicht - KlÃ?rchen. Meinst du, ich sei ein Kind oder wahnsinnig? Was kann vielleicht? - Von dieser schrecklichen GewiÃ?heit bringst du mich mit keiner Hoffnung weg. - Ihr sollt mich hÃren und ihr werdet: denn ich seh's, ihr seid bestÃ?rzt und kÃnnt euch selbst in euerm Busen nicht wiederfinden. LaÃ?t durch die gegenwÃ?rtige Gefahr nur einen Blick in das Vergangene dringen, das kurz Vergangene. Wendet eure Gedanken nach der Zukunft. KÃnnt ihr denn leben? werdet ihr, wenn er zugrunde geht? Mit seinem Atem flieht der letzte Hauch der Freiheit. Was war er euch? FÃ?r wen Ã?bergab er sich der dringendsten Gefahr? Seine Wunden flossen und heilten nur fÃ?r euch. Die groÃ?e Seele, die euch alle trug, beschrÃ?nkt ein Kerker, und Schauer tÃ?ckischen Mordes schweben um sie her. Er denkt vielleicht an euch, er hofft auf euch, er, der nur zu geben, nur zu erfÃ?llen gewohnt war. Zimmermeister. Gevatter, kommt. KlÃ?rchen. Und ich habe nicht Arme, nicht Mark wie ihr; doch hab ich, was euch allen eben fehlt, Mut und Verachtung der Gefahr. KÃnnt' euch mein Atem doch entzÃ?nden! kÃnnt' ich an meinen Busen drÃ?ckend euch erwÃ?rmen und beleben! Kommt! In eurer Mitte will ich gehen! - Wie eine Fahne wehrlos ein edles Heer von Kriegern wehend anfÃ?hrt, so soll mein Geist um eure HÃ?upter flammen, und Liebe und Mut das schwankende zerstreute Volk zu einem fÃ?rchterlichen Heer vereinigen. Jetter. Schaff sie beiseite, sie dauert mich. (BÃ?rger ab.) Brackenburg. KlÃ?rchen! siehst du nicht, wo wir sind? KlÃ?rchen. Wo? Unter dem Himmel, der so oft sich herrlicher zu wÃlben schien, wenn der Edle unter ihm herging. Aus diesen Fenstern haben sie herausgesehn, vier, fÃ?nf KÃpfe Ã?bereinander; an diesen TÃ?ren haben sie gescharrt und genickt, wenn er auf die Memmen herabsah. O ich hatte sie so lieb, wie sie ihn ehrten! WÃ?re er Tyrann gewesen, mÃchten sie immer vor seinem Falle seitwÃ?rts gehn. Aber sie liebten ihn! - O ihr HÃ?nde, die ihr an die MÃ?tzen grifft, zum Schwert kÃnnt ihr nicht greifen - Brackenburg, und wir? - Schelten wir sie? - Diese Arme, die ihn so oft fest hielten, was tun sie fÃ?r ihn? - List hat in der Welt so viel erreicht - Du kennst Wege und Stege, kennst das alte SchloÃ?. Es ist nichts unmÃglich, gib mir einen Anschlag. Brackenburg. Wenn wir nach Hause gingen! KlÃ?rchen. Gut. Brackenburg. Dort an der Ecke seh ich Albas Wache; laÃ? doch die Stimme der Vernunft dir zu Herzen dringen. HÃ?ltst du mich fÃ?r feig? Glaubst du nicht, daÃ? ich um deinetwillen sterben kÃnnte? Hier sind wir beide toll, ich so gut wie du. Siehst du nicht das UnmÃgliche? Wenn du dich faÃ?test! Du bist auÃ?er dir. KlÃ?rchen. AuÃ?er mir! Abscheulich! Brackenburg, ihr seid auÃ?er euch. Da ihr laut den Helden verehrtet, ihn Freund und Schutz und Hoffnung nanntet, ihm Vivat rieft, wenn er kam: da stand ich in meinem Winkel, schob das Fenster halb auf, verbarg mich lauschend, und das Herz schlug mir hÃher als euch allen. Jetzt schlÃ?gt mir's wieder hÃher als euch allen! Ihr verbergt euch, da es not ist, verleugnet ihn und fÃ?hlt nicht, daÃ? ihr untergeht, wenn er verdirbt. Brackenburg. Komm nach Hause. KlÃ?rchen. Nach Hause? Brackenburg. Besinne dich nur! Sieh dich um! Dies sind die StraÃ?en, die du nur sonntÃ?glich betratst, durch die du sittsam nach der Kirche gingst, wo du Ã?bertrieben ehrbar zÃ?rntest, wenn ich mit einem freundlichen grÃ?Ã?enden Wort mich zu dir gesellte. Du stehst und redest, handelst vor den Augen der offnen Welt; besinne dich, Liebe! wozu hilft es uns? KlÃ?rchen. Nach Hause! Ja, ich besinne mich. Komm, Brackenburg, nach Hause! WeiÃ?t du, wo meine Heimat ist? (Ab.) GefÃ?ngnis, durch eine Lampe erhellt, ein Ruhebett im Grunde Egmont (allein). Alter Freund! immer getreuer Schlaf, fliehst du mich auch wie die Ã?brigen Freunde? Wie willig senktest du dich auf mein freies Haupt herunter und kÃ?hltest wie ein schÃner Myrtenkranz der Liebe meine SchlÃ?fe! Mitten unter Waffen, auf der Woge des Lebens, ruht' ich leicht atmend, wie ein aufquellender Knabe, in deinen Armen. Wenn StÃ?rme durch Zweige und BlÃ?tter sausten, Ast und Wipfel sich knirrend bewegten, blieb innerst doch der Kern des Herzens ungeregt. Was schÃ?ttelt dich nun? was erschÃ?ttert den festen treuen Sinn? Ich fÃ?hl's, es ist der Klang der Mordaxt, die an meiner Wurzel nascht. Noch steh ich aufrecht, und ein innrer Schauer durchfÃ?hrt mich. Ja, sie Ã?berwindet, die verrÃ?terische Gewalt; sie untergrÃ?bt den festen hohen Stamm, und eh' die Rinde dorrt, stÃ?rzt krachend und zerschmetternd deine Krone. Warum denn jetzt, der du so oft gewalt'ge Sorgen gleich Seifenblasen dir vom Haupte weggewiesen, warum vermagst du nicht die Ahnung zu verscheuchen, die tausendfach in dir sich auf- und niedertreibt? Seit wann begegnet der Tod dir fÃ?rchterlich, mit dessen wechselnden Bildern, wie mit den Ã?brigen Gestalten der gewohnten Erde, du gelassen lebtest? - Auch ist er's nicht, der rasche Feind, dem die gesunde Brust wetteifernd sich entgegensehnt; der Kerker ist's, des Grabes Vorbild, dem Helden wie dem Feigen widerlich. Unleidlich ward mir's schon auf meinem gepolsterten Stuhle, wenn in stattlicher Versammlung die FÃ?rsten, was leicht zu entscheiden war, mit wiederkehrenden GesprÃ?chen Ã?berlegten, und zwischen dÃ?stern WÃ?nden eines Saals die Balken der Decke mich erdrÃ?ckten. Da eilt' ich fort, sobald es mÃglich war, und rasch aufs Pferd mit tiefem Atemzuge. Und frisch hinaus, da wo wir hingehÃren! ins Feld, wo aus der Erde dampfend jede nÃ?chste Wohltat der Natur und durch die Himmel wehend alle Segen der Gestirne uns umwittern; wo wir, dem erdgebornen Riesen gleich, von der BerÃ?hrung unsrer Mutter krÃ?ftiger uns in die HÃhe reiÃ?en; wo wir die Menschheit ganz und menschliche Begier in allen Adern fÃ?hlen; wo das Verlangen, vorzudringen, zu besiegen, zu erhaschen, seine Faust zu brauchen, zu besitzen, zu erobern, durch die Seele des jungen JÃ?gers glÃ?ht; wo der Soldat sein angebornes Recht auf alle Welt mit raschem Schritt sich anmaÃ?t und in fÃ?rchterlicher Freiheit wie ein Hagelwetter durch Wiese, Feld und Wald verderbend streicht und keine Grenzen kennt, die Menschenhand gezogen. Du bist nur Bild, Erinnerungstraum des GlÃ?cks, das ich so lang besessen; wo hat dich das Geschick verrÃ?terisch hingefÃ?hrt? Versagt es dir, den nie gescheuten Tod im Angesicht der Sonne rasch zu gÃnnen, um dir des Grabes Vorgeschmack im ekeln Moder zu bereiten? Wie haucht er mich aus diesen Steinen widrig an! Schon starrt das Leben, vor dem Ruhebette wie vor dem Grabe scheut der FuÃ?. - O Sorge! Sorge! die du vor der Zeit den Mord beginnst, laÃ? ab! - Seit wann ist Egmont denn allein, so ganz allein in dieser Welt? Dich macht der Zweifel hÃ?lflos, nicht das GlÃ?ck. Ist die Gerechtigkeit des KÃnigs, der du lebenslang vertrautest, ist der Regentin Freundschaft, die fast (du darfst es dir gestehn), fast Liebe war, sind sie auf einmal, wie ein glÃ?nzend Feuerbild der Nacht, verschwunden? und lassen dich allein auf dunkelm Pfad zurÃ?ck? Wird an der Spitze deiner Freunde Oranien nicht wagend sinnen? Wird nicht ein Volk sich sammeln und mit anschwellender Gewalt den alten Freund erretten? O haltet, Mauern, die ihr mich einschlieÃ?t, so vieler Geister wohlgemeintes DrÃ?ngen nicht von mir ab; und welcher Mut aus meinen Augen sonst sich Ã?ber sie ergoÃ?, der kehre nun aus ihren Herzen in meines wieder. O ja, sie rÃ?hren sich zu Tausenden! sie kommen! stehen mir zur Seite! Ihr frommer Wunsch eilt dringend zu dem Himmel, er bittet um ein Wunder. Und steigt zu meiner Rettung nicht ein Engel nieder, so seh ich sie nach Lanz und Schwertern greifen. Die Tore spalten sich, die Gitter springen, die Mauer stÃ?rzt von ihren HÃ?nden ein, und der Freiheit des einbrechenden Tages steigt Egmont frÃhlich entgegen. Wie manch bekannt Gesicht empfÃ?ngt mich jauchzend! Ach KlÃ?rchen, wÃ?rst du Mann; so sÃ?h' ich dich gewiÃ? auch hier zuerst und dankte dir, was einem KÃnige zu danken hart ist, Freiheit. KlÃ?rchens Haus KlÃ?rchen (kommt mit einer Lampe und einem Glas Wasser aus der Kammer; sie setzt das Glas auf den Tisch und tritt ans Fenster). Brackenburg? Seid Ihr's? Was hÃrt' ich denn? noch niemand? Es war niemand! Ich will die Lampe ins Fenster setzen, daÃ? er sieht, ich wache noch, ich warte noch auf ihn. Er hat mir Nachricht versprochen. Nachricht? Entsetzliche GewiÃ?heit! - Egmont verurteilt! - Welch Gericht darf ihn fordern? und sie verdammen ihn! Der KÃnig verdammt ihn? oder der Herzog? Und die Regentin entzieht sich! Oranien zaudert, und alle seine Freunde! - - Ist dies die Welt, von deren Wankelmut, UnzuverlÃ?ssigkeit ich viel gehÃrt und nichts empfunden habe? Ist dies die Welt? - Wer wÃ?re bÃs genug, den Teuern anzufeinden? WÃ?re Bosheit mÃ?chtig genug, den allgemein Erkannten schnell zu stÃ?rzen? Doch ist es so - es ist - O Egmont, sicher hielt ich dich vor Gott und Menschen, wie in meinen Armen! Was war ich dir? Du hast mich dein genannt, mein ganzes Leben widmete ich deinem Leben. - Was bin ich nun? Vergebens streck ich nach der Schlinge, die dich faÃ?t, die Hand aus. Du hÃ?lflos und ich frei! - Hier ist der SchlÃ?ssel zu meiner TÃ?r. An meiner WillkÃ?r hÃ?ngt mein Gehen und mein Kommen, und dir bin ich zu nichts! - - O bindet mich, damit ich nicht verzweifle; und werft mich in den tiefsten Kerker, daÃ? ich das Haupt an feuchte Mauern schlage, nach Freiheit winsle, trÃ?ume, wie ich ihm helfen wollte, wenn Fesseln mich nicht lÃ?hmten, wie ich ihm helfen wÃ?rde. - Nun bin ich frei, und in der Freiheit liegt die Angst der Ohnmacht. - Mir selbst bewuÃ?t, nicht fÃ?hig, ein Glied nach seiner HÃ?lfe zu rÃ?hren. Ach leider, auch der kleine Teil von deinem Wesen, dein KlÃ?rchen, ist wie du gefangen und regt getrennt im Todeskrampfe nur die letzten KrÃ?fte. - Ich hÃre schleichen, husten - Brackenburg - er ist's! - Elender guter Mann, dein Schicksal bleibt sich immer gleich; dein Liebchen Ãffnet dir die nÃ?chtliche TÃ?r, und ach zu welch unseliger Zusammenkunft! (Brackenburg tritt auf.) KlÃ?rchen. Du kommst so bleich und schÃ?chtern, Brackenburg! was ist's? Brackenburg. Durch Umwege und Gefahren such ich dich auf. Die groÃ?en StraÃ?en sind besetzt; durch GÃ?Ã?chen und durch Winkel hab ich mich zu dir gestohlen. KlÃ?rchen. ErzÃ?hl, wie ist's? Brackenburg (indem er sich setzt). Ach KlÃ?re, laÃ? mich weinen. Ich liebt' ihn nicht. Er war der reiche Mann und lockte des Armen einziges Schaf zur bessern Weide herÃ?ber. Ich hab ihn nie verflucht; Gott hat mich treu geschaffen und weich. In Schmerzen floÃ? mein Leben vor mir nieder, und zu verschmachten hofft' ich jeden Tag. KlÃ?rchen. VergiÃ? das, Brackenburg! VergiÃ? dich selbst. Sprich mir von ihm! Ist's wahr? Ist er verurteilt? Brackenburg. Er ist's! ich weiÃ? es ganz genau. KlÃ?rchen. Und lebt noch? Brackenburg. Ja, er lebt noch. KlÃ?rchen. Wie willst du das versichern? - Die Tyrannei ermordet in der Nacht den Herrlichen! vor allen Augen verborgen flieÃ?t sein Blut. Ã'ngstlich im Schlafe liegt das betÃ?ubte Volk und trÃ?umt von Rettung, trÃ?umt ihres ohnmÃ?chtigen Wunsches ErfÃ?llung; indes unwillig Ã?ber uns sein Geist die Welt verlÃ?Ã?t. Er ist dahin! - TÃ?usche mich nicht! dich nicht! Brackenburg. Nein gewiÃ?, er lebt! - Und leider, es bereitet der Spanier dem Volke, das er zertreten will, ein fÃ?rchterliches Schauspiel, gewaltsam jedes Herz, das nach der Freiheit sich regt, auf ewig zu zerknirschen. KlÃ?rchen. Fahre fort und sprich gelassen auch mein Todesurteil aus! Ich wandle den seligen Gefilden schon nÃ?her und nÃ?her, mir weht der Trost aus jenen Gegenden des Friedens schon herÃ?ber. Sag an. Brackenburg. Ich konnt' es an den Wachen merken, aus Reden, die bald da bald dorten fielen, daÃ? auf dem Markte geheimnisvoll ein Schrecknis zubereitet werde. Ich schlich durch Seitenwege, durch bekannte GÃ?nge nach meines Vettern Hause und sah aus einem Hinterfenster nach dem Markte. - Es wehten Fackeln in einem weiten Kreise spanischer Soldaten hin und wider. Ich schÃ?rfte mein ungewohntes Auge, und aus der Nacht stieg mir ein schwarzes GerÃ?st entgegen, gerÃ?umig hoch; mir grauste vor dem Anblick. GeschÃ?ftig waren viele rings umher bemÃ?ht, was noch von Holzwerk weiÃ? und sichtbar war, mit schwarzem Tuch einhÃ?llend zu verkleiden. Die Treppen deckten sie zuletzt auch schwarz, ich sah es wohl. Sie schienen die Weihe eines grÃ?Ã?lichen Opfers vorbereitend zu begehn. Ein weiÃ?es Kruzifix, das durch die Nacht wie Silber blinkte, ward an der einen Seite hoch aufgesteckt. Ich sah, und sah die schreckliche GewiÃ?heit immer gewisser. Noch wankten Fackeln hie und da herum; allmÃ?hlich wichen sie und erloschen. Auf einmal war die scheuÃ?liche Geburt der Nacht in ihrer Mutter SchoÃ? zurÃ?ckgekehrt. KlÃ?rchen. Still, Brackenburg! Nun still! LaÃ? diese HÃ?lle auf meiner Seele ruhn. Verschwunden sind die Gespenster, und du, holde Nacht, leih deinen Mantel der Erde, die in sich gÃ?rt; sie trÃ?gt nicht lÃ?nger die abscheuliche Last, reiÃ?t ihre tiefen Spalten grausend auf und knirscht das MordgerÃ?st hinunter. Und irgendeinen Engel sendet der Gott, den sie zum Zeugen ihrer Wut geschÃ?ndet; vor des Boten heiliger BerÃ?hrung lÃsen sich Riegel und Bande, und er umgieÃ?t den Freund mit mildem Schimmer; er fÃ?hrt ihn durch die Nacht zur Freiheit sanft und still. Und auch mein Weg geht heimlich in dieser Dunkelheit, ihm zu begegnen. Brackenburg (sie aufhaltend). Mein Kind, wohin? was wagst du? KlÃ?rchen. Leise, Lieber, daÃ? niemand erwache! daÃ? wir uns selbst nicht wecken! Kennst du dies FlÃ?schchen, Brackenburg? Ich nahm dir's scherzend, als du mit Ã?bereiltem Tod oft ungeduldig drohtest. - Und nun, mein Freund - Brackenburg. In aller Heiligen Namen! - KlÃ?rchen. Du hinderst nichts. Tod ist mein Teil! und gÃnne mir den sanften schnellen Tod, den du dir selbst bereitetest. Gib mir deine Hand! - Im Augenblick, da ich die dunkle Pforte erÃffne, aus der kein RÃ?ckweg ist, kÃnnt' ich mit diesem HÃ?ndedruck dir sagen, wie sehr ich dich geliebt, wie sehr ich dich bejammert. Mein Bruder starb mir jung; dich wÃ?hlt' ich, seine Stelle zu ersetzen. Es widersprach dein Herz und quÃ?lte sich und mich, verlangtest heiÃ? und immer heiÃ?er, was dir nicht beschieden war. Vergib mir und leb wohl! LaÃ? mich dich Bruder nennen! Es ist ein Name, der viel Namen in sich faÃ?t. Nimm die letzte schÃne Blume der Scheidenden mit treuem Herzen ab - nimm diesen KuÃ? - Der Tod vereinigt alles, Brackenburg, uns denn auch. Brackenburg. So laÃ? mich mit dir sterben! Teile! Teile! Es ist genug, zwei Leben auszulÃschen. KlÃ?rchen. Bleib! du sollst leben, du kannst leben. - Steh meiner Mutter bei, die ohne dich in Armut sich verzehren wÃ?rde. Sei ihr, was ich ihr nicht mehr sein kann; lebt zusammen und beweint mich. Beweint das Vaterland und den, der es allein erhalten konnte. Das heutige Geschlecht wird diesen Jammer nicht los; die Wut der Rache selbst vermag ihn nicht zu tilgen. Lebt, ihr Armen, die Zeit noch hin, die keine Zeit mehr ist. Heut steht die Welt auf einmal still; es stockt ihr Kreislauf, und mein Puls schlÃ?gt kaum noch wenige Minuten. Leb wohl! Brackenburg. O lebe du mit uns, wie wir fÃ?r dich allein! Du tÃtest uns in dir, o leb und leide. Wir wollen unzertrennlich dir zu beiden Seiten stehn, und immer achtsam soll die Liebe den schÃnsten Trost in ihren lebendigen Armen dir bereiten. Sei unser! Unser! Ich darf nicht sagen: mein. KlÃ?rchen. Leise, Brackenburg! Du fÃ?hlst nicht, was du rÃ?hrst. Wo Hoffnung dir erscheint, ist mir Verzweiflung. Brackenburg. Teile mit den Lebendigen die Hoffnung! Verweil am Rande des Abgrundes, schau hinab und sieh auf uns zurÃ?ck. KlÃ?rchen. Ich hab Ã?berwunden, ruf mich nicht wieder zum Streit. Brackenburg. Du bist betÃ?ubt; gehÃ?llt in Nacht suchst du die Tiefe. Noch ist nicht jedes Licht erloschen, noch mancher Tag! - KlÃ?rchen. Weh! Ã?ber dich Weh! Weh! Grausam zerreiÃ?est du den Vorhang vor meinem Auge. Ja, er wird grauen, der Tag! vergebens alle Nebel um sich ziehn und wider Willen grauen! Furchtsam schaut der BÃ?rger aus seinem Fenster, die Nacht lÃ?Ã?t einen schwarzen Flecken zurÃ?ck; er schaut, und fÃ?rchterlich wÃ?chst im Lichte das MordgerÃ?st. Neu leidend wendet das entweihte Gottesbild sein flehend Auge zum Vater auf. Die Sonne wagt sich nicht hervor; sie will die Stunde nicht bezeichnen, in der er sterben soll. TrÃ?ge gehn die Zeiger ihren Weg, und eine Stunde nach der andern schlÃ?gt. Halt! Halt! Nun ist es Zeit! mich scheucht des Morgens Ahnung in das Grab. (Sie tritt ans Fenster, als sÃ?he sie sich um, und trinkt heimlich.) Brackenburg. KlÃ?re! KlÃ?re! KlÃ?rchen (geht nach dem Tisch und trinkt das Wasser). Hier ist der Rest! Ich locke dich nicht nach. Tu, was du darfst, leb wohl. LÃsche diese Lampe still und ohne Zaudern, ich geh zur Ruhe. Schleiche dich sachte weg, ziehe die TÃ?r nach dir zu. Still! Wecke meine Mutter nicht! Geh, rette dich! Rette dich! wenn du nicht mein MÃrder scheinen willst. (Ab.) Brackenburg. Sie lÃ?Ã?t mich zum letztenmale wie immer. O kÃnnte eine Menschenseele fÃ?hlen, wie sie ein liebend Herz zerreiÃ?en kann. Sie lÃ?Ã?t mich stehn, mir selber Ã?berlassen; und Tod und Leben ist mir gleich verhaÃ?t. - Allein zu sterben! - Weint, ihr Liebenden! Kein hÃ?rter Schicksal ist als meins! Sie teilt mit mir den Todestropfen und schickt mich weg! von ihrer Seite weg! sie zieht mich nach und stÃÃ?t ins Leben mich zurÃ?ck. O Egmont, welch preiswÃ?rdig Los fÃ?llt dir! Sie geht voran; der Kranz des Siegs aus ihrer Hand ist dein, sie bringt den ganzen Himmel dir entgegen! - Und soll ich folgen? wieder seitwÃ?rts stehn? den unauslÃschlichen Neid in jene Wohnungen hinÃ?bertragen? - Auf Erden ist kein Bleiben mehr fÃ?r mich, und HÃll und Himmel bieten gleiche Qual. Wie wÃ?re der Vernichtung Schreckenshand dem UnglÃ?ckseligen will kommen! (Brackenburg geht ab; das Theater bleibt einige Zeit unverÃ?ndert. Eine Musik, KlÃ?rchens Tod bezeichnend, beginnt; die Lampe, welche Brackenburg auszulÃschen vergessen, flammt noch einigemal auf, dann erlischt sie. Bald verwandelt sich der Schauplatz in das GefÃ?ngnis Egmont liegt schlafend auf dem Ruhebette. Es entsteht ein Gerassel mit SchlÃ?sseln, und die TÃ?r tut sich auf. Diener mit Fackeln treten herein; ihnen folgt Ferdinand, Albas Sohn, und Silva, begleitet von Gewaffneten. Egmont fÃ?hrt aus dem Schlaf auf.) Egmont. Wer seid ihr? die ihr mir unfreundlich den Schlaf von den Augen schÃ?ttelt. Was kÃ?nden eure trotzigen, unsichern Blicke mir an? Warum diesen fÃ?rchterlichen Aufzug? Welchen Schreckenstraum kommt ihr der halb erwachten Seele vorzulÃ?gen? Silva. Uns schickt der Herzog, dir dein Urteil anzukÃ?ndigen. Egmont. Bringst du den Henker auch mit, es zu vollziehen? Silva. Vernimm es, so wirst du wissen, was deiner wartet. Egmont. So ziemt es euch und euerm schÃ?ndlichen Beginnen! In Nacht gebrÃ?tet und in Nacht vollfÃ?hrt. So mag diese freche Tat der Ungerechtigkeit sich verbergen! - Tritt kÃ?hn hervor, der du das Schwert verhÃ?llt unter dem Mantel trÃ?gst; hier ist mein Haupt, das freieste, das je die Tyrannei vom Rumpf gerissen. Silva. Du irrst! Was gerechte Richter beschlieÃ?en, werden sie vorm Angesicht des Tages nicht verbergen. Egmont. So Ã?bersteigt die Frechheit jeden Begriff und Gedanken. Silva (nimmt einem Dabeistehenden das Urteil ab, entfaltet's und liest's). Â'Im Namen des KÃnigs, und kraft besonderer von Seiner MajestÃ?t uns Ã?bertragenen Gewalt, alle seine Untertanen, wes Standes sie seien, zugleich die Ritter des Goldnen Vlieses zu richten, erkennen wirÂ' - Egmont. Kann die der KÃnig Ã?bertragen? Silva. Â'Erkennen wir, nach vorgÃ?ngiger genauer, gesetzlicher Untersuchung, dich Heinrich Grafen Egmont, Prinzen von Gaure, des Hochverrats schuldig und sprechen das Urteil: daÃ? du mit der FrÃ?he des einbrechenden Morgens aus dem Kerker auf den Markt gefÃ?hrt und dort, vorm Angesicht des Volks, zur Warnung aller VerrÃ?ter mit dem Schwerte vom Leben zum Tode gebracht werden sollest. Gegeben BrÃ?ssel imÂ' (Datum und Jahrzahl werden undeutlich gelesen, so, daÃ? sie der ZuhÃrer nicht versteht.) Â'Ferdinand, Herzog von Alba, Vorsitzer des Gerichts der ZwÃlfe.Â' Du weiÃ?t nun dein Schicksal; es bleibt dir wenige Zeit, dich drein zu ergeben, dein Haus zu bestellen und von den Deinigen Abschied zu nehmen. (Silva mit dem Gefolge geht ab. Es bleibt Ferdinand und zwei Fackeln; das Theater ist mÃ?Ã?ig erleuchtet.) Egmont (hat eine Weile in sich versenkt stille gestanden und Silva, ohne sich umzusehn, abgehen lassen. Er glaubt sich allein, und da er die Augen aufhebt, erblickt er Albas Sohn). Du stehst und bleibst? Willst du mein Erstaunen, mein Entsetzen noch durch deine Gegenwart vermehren? Willst du noch etwa die willkommne Botschaft deinem Vater bringen, daÃ? ich unmÃ?nnlich verzweifle? Geh! Sag ihm! Sag ihm, daÃ? er weder mich noch die Welt belÃ?gt. Ihm, dem RuhmsÃ?chtigen, wird man es erst hinter den Schultern leise lispeln, dann laut und lauter sagen, und wenn er einst von diesem Gipfel herabsteigt, werden tausend Stimmen es ihm entgegenrufen! Nicht das Wohl des Staats, nicht die WÃ?rde des KÃnigs, nicht die Ruhe der Provinzen haben ihn hierher gebracht. Um sein selbst willen hat er Krieg geraten, daÃ? der Krieger im Kriege gelte. Er hat diese ungeheure Verwirrung erregt, damit man seiner bedÃ?rfe. Und ich falle, ein Opfer seines niedrigen Hasses, seines kleinlichen Neides. Ja, ich weiÃ? es, und ich darf es sagen; der Sterbende, der tÃdlich Verwundete kann es sagen: mich hat der Eingebildete beneidet; mich wegzutilgen hat er lange gesonnen und gedacht. Schon damals, als wir noch jÃ?nger mit WÃ?rfeln spielten und die Haufen Goldes, einer nach dem andern, von seiner Seite zu mir herÃ?bereilten, da stand er grimmig, log Gelassenheit, und innerlich verzehrte ihn die Ã'rgernis, mehr Ã?ber mein GlÃ?ck als Ã?ber seinen Verlust. Noch erinnere ich mich des funkelnden Blicks, der verrÃ?terischen BlÃ?sse, als wir an einem Ãffentlichen Feste vor vielen tausend Menschen um die Wette schossen. Er forderte mich auf, und beide Nationen standen; die Spanier, die NiederlÃ?nder wetteten und wÃ?nschten. Ich Ã?berwand ihn; seine Kugel irrte, die meine traf; ein lauter Freudenschrei der Meinigen durchbrach die Luft. Nun trifft mich sein GeschoÃ?. Sag ihm, daÃ? ich's weiÃ?, daÃ? ich ihn kenne, daÃ? die Welt jede Siegszeichen verachtet, die ein kleiner Geist erschleichend sich aufrichtet. Und du! wenn einem Sohne mÃglich ist, von der Sitte des Vaters zu weichen, Ã?be beizeiten die Scham, indem du dich fÃ?r den schÃ?mst, den du gerne von ganzem Herzen verehren mÃchtest. Ferdinand. Ich hÃre dich an, ohne dich zu unterbrechen! Deine VorwÃ?rfe lasten wie KeulschlÃ?ge auf einem Helm; ich fÃ?hle die ErschÃ?tterung, aber ich bin bewaffnet. Du triffst mich, du verwundest mich nicht; fÃ?hlbar ist mir allein der Schmerz, der mir den Busen zerreiÃ?t. Wehe mir! Wehe! Zu einem solchen Anblick bin ich aufgewachsen, zu einem solchen Schauspiele bin ich gesendet! Egmont. Du brichst in Klagen aus? Was rÃ?hrt, was bekÃ?mmert dich? Ist es eine spÃ?te Reue, daÃ? du der schÃ?ndlichen VerschwÃrung deinen Dienst geliehen? Du bist so jung und hast ein glÃ?ckliches Ansehn. Du warst so zutraulich, so freundlich gegen mich. Solang ich dich sah, war ich mit deinem Vater versÃhnt. Und ebenso verstellt, verstellter als er, lockst du mich in das Netz. Du bist der Abscheuliche! Wer ihm traut, mag er es auf seine Gefahr tun; aber wer fÃ?rchtete Gefahr, dir zu vertrauen? Geh! Geh! Raube mir nicht die wenigen Augenblicke! Geh, daÃ? ich mich sammle, die Welt und dich zuerst vergesse! - Ferdinand. Was soll ich dir sagen? Ich stehe und sehe dich an, und sehe dich nicht, und fÃ?hle mich nicht. Soll ich mich entschuldigen? Soll ich dir versichern, daÃ? ich erst spÃ?t, erst ganz zuletzt des Vaters Absichten erfuhr, daÃ? ich als ein gezwungenes, ein lebloses Werkzeug seines Willens handelte? Was fruchtet's, welche Meinung du von mir haben magst? Du bist verloren; und ich UnglÃ?cklicher stehe nur da, um dir's zu versichern, um dich zu bejammern. Egmont. Welche sonderbare Stimme, welch ein unerwarteter Trost begegnet mir auf dem Wege zum Grabe? Du, Sohn meines ersten, meines fast einzigen Feindes, du bedauerst mich, du bist nicht unter meinen MÃrdern? Sage, rede! FÃ?r wen soll ich dich halten? Ferdinand. Grausamer Vater! Ja ich erkenne dich in diesem Befehle. Du kanntest mein Herz, meine Gesinnung, die du so oft als Erbteil einer zÃ?rtlichen Mutter schaltest. Mich dir gleich zu bilden, sandtest du mich hierher. Diesen Mann am Rande des gÃ?hnenden Grabes, in der Gewalt eines willkÃ?rlichen Todes zu sehen, zwingst du mich, daÃ? ich den tiefsten Schmerz empfinde, daÃ? ich taub gegen alles Schicksal, daÃ? ich unempfindlich werde, es geschehe mir, was wolle. Egmont. Ich erstaune! Fasse dich! Stehe, rede wie ein Mann. Ferdinand. O daÃ? ich ein Weib wÃ?re! daÃ? man mir sagen kÃnnte: was rÃ?hrt dich? was ficht dich an? Sage mir ein grÃÃ?eres, ein ungeheureres Ã?bel, mache mich zum Zeugen einer schrecklichern Tat; ich will dir danken, ich will sagen: es war nichts. Egmont. Du verlierst dich. Wo bist du? Ferdinand. LaÃ? diese Leidenschaft rasen, laÃ? mich losgebunden klagen! Ich will nicht standhaft scheinen, wenn alles in mir zusammenbricht. Dich soll ich hier sehn? - Dich? - Es ist entsetzlich! Du verstehst mich nicht! Und sollst du mich verstehen? Egmont! Egmont! (Ihm um den Hals fallend.) Egmont. LÃse mir das Geheimnis. Ferdinand. Kein Geheimnis. Egmont. Wie bewegt dich so tief das Schicksal eines fremden Mannes? Ferdinand. Nicht fremd! Du bist mir nicht fremd. Dein Name war's, der mir in meiner ersten Jugend gleich einem Stern des Himmels entgegenleuchtete. Wie oft hab ich nach dir gehorcht, gefragt! Des Kindes Hoffnung ist der JÃ?ngling, des JÃ?nglings der Mann. So bist du vor mir her geschritten; immer vor, und ohne Neid sah ich dich vor, und schritt dir nach, und fort und fort. Nun hofft' ich endlich dich zu sehen, und sah dich, und mein Herz flog dir entgegen. Dich hatt' ich mir bestimmt, und wÃ?hlte dich aufs neue, da ich dich sah. Nun hofft' ich erst, mit dir zu sein, mit dir zu leben, dich zu fassen, dich - Das ist nun alles weggeschnitten, und ich sehe dich hier! Egmont. Mein Freund, wenn es dir wohltun kann, so nimm die Versicherung, daÃ? im ersten Augenblick mein GemÃ?t dir entgegenkam. Und hÃre mich. LaÃ? uns ein ruhiges Wort untereinander wechseln. Sage mir: ist es der strenge, ernste Wille deines Vaters, mich zu tÃten? Ferdinand. Er ist's. Egmont. Dieses Urteil wÃ?re nicht ein leeres Schreckbild mich zu Ã?ngstigen, durch Furcht und Drohung zu strafen: mich zu erniedrigen und dann mit kÃniglicher Gnade mich wieder aufzuheben? Ferdinand. Nein, ach leider nein! Anfangs schmeichelte ich mir selbst mit dieser ausweichenden Hoffnung; und schon da empfand ich Angst und Schmerz, dich in diesem Zustande zu sehen. Nun ist es wirklich, ist gewiÃ?. Nein, ich regiere mich nicht. Wer gibt mir eine HÃ?lfe, wer einen Rat, dem Unvermeidlichen zu entgehen? Egmont. So hÃre mich. Wenn deine Seele so gewaltsam dringt, mich zu retten, wenn du die Ã?bermacht verabscheust, die mich gefesselt hÃ?lt, so rette mich! Die Augenblicke sind kostbar. Du bist des Allgewaltigen Sohn und selbst gewaltig - LaÃ? uns entfliehen! Ich kenne die Wege; die Mittel kÃnnen dir nicht unbekannt sein. Nur diese Mauern, nur wenige Meilen entfernen mich von meinen Freunden. LÃse diese Bande, bringe mich zu ihnen und sei unser. GewiÃ?, der KÃnig dankt dir dereinst meine Rettung. Jetzt ist er Ã?berrascht, und vielleicht ist ihm alles unbekannt. Dein Vater wagt; und die MajestÃ?t muÃ? das Geschehene billigen, wenn sie sich auch davor entsetzet. Du denkst? O denke mir den Weg der Freiheit aus! Sprich, und nÃ?hre die Hoffnung der lebendigen Seele. Ferdinand. Schweig! o schweige! Du vermehrst mit jedem Worte meine Verzweiflung. Hier ist kein Ausweg, kein Rat, keine Flucht. - Das quÃ?lt mich, das greift und faÃ?t mir wie mit Klauen die Brust. Ich habe selbst das Netz zusammengezogen; ich kenne die strengen festen Knoten; ich weiÃ?, wie jeder KÃ?hnheit, jeder List die Wege verrennt sind; ich fÃ?hle mich mit dir und mit allen andern gefesselt. WÃ?rde ich klagen, hÃ?tte ich nicht alles versucht? Zu seinen FÃ?Ã?en habe ich gelegen, geredet und gebeten. Er schickte mich hierher, um alles, was von Lebenslust und Freude mit mir lebt, in diesem Augenblicke zu zerstÃren. Egmont. Und keine Rettung? Ferdinand. Keine! Egmont (mit dem FuÃ?e stampfend). Keine Rettung! - - SÃ?Ã?es Leben! schÃne freundliche Gewohnheit des Daseins und Wirkens! von dir soll ich scheiden! So gelassen scheiden! Nicht im Tumulte der Schlacht, unter dem GerÃ?usch der Waffen, in der Zerstreuung des GetÃ?mmels gibst du mir ein flÃ?chtiges Lebewohl; du nimmst keinen eiligen Abschied, verkÃ?rzest nicht den Augenblick der Trennung. Ich soll deine Hand fassen, dir noch einmal in die Augen sehn, deine SchÃne, deinen Wert recht lebhaft fÃ?hlen und dann mich entschlossen losreiÃ?en und sagen: Fahre hin! Ferdinand Und ich soll daneben stehn, zusehn, dich nicht halten, nicht hindern kÃnnen! O welche Stimme reichte zur Klage! Welches Herz flÃsse nicht aus seinen Banden vor diesem Jammer? Egmont. Fasse dich! Ferdinand. Du kannst dich fassen, du kannst entsagen, den schweren Schritt an der Hand der Notwendigkeit heldenmÃ?Ã?ig gehn. Was kann ich? Was soll ich? Du Ã?berwindest dich selbst und uns; du Ã?berstehst; ich Ã?berlebe dich und mich selbst. Bei der Freude des Mahls hab ich mein Licht, im GetÃ?mmel der Schlacht meine Fahne verloren. Schal, verworren, trÃ?b scheint mir die Zukunft. Egmont. Junger Freund, den ich durch ein sonderbares Schicksal zugleich gewinne und verliere, der fÃ?r mich die Todesschmerzen empfindet, fÃ?r mich leidet, sieh mich in diesen Augenblicken an; du verlierst mich nicht. War dir mein Leben ein Spiegel, in welchem du dich gerne betrachtetest: so sei es auch mein Tod. Die Menschen sind nicht nur zusammen, wenn sie beisammen sind; auch der Entfernte, der Abgeschiedene lebt uns. Ich lebe dir, und habe mir genug gelebt. Eines jeden Tages hab ich mich gefreut; an jedem Tage mit rascher Wirkung meine Pflicht getan, wie mein Gewissen mir sie zeigte. Nun endigt sich das Leben, wie es sich frÃ?her, frÃ?her, schon auf dem Sande von Gravelingen hÃ?tte endigen kÃnnen. Ich hÃre auf zu leben; aber ich habe gelebt. So leb auch du, mein Freund, gern und mit Lust, und scheue den Tod nicht. Ferdinand. Du hÃ?ttest dich fÃ?r uns erhalten kÃnnen, erhalten sollen. Du hast dich selber getÃtet. Oft hÃrt' ich, wenn kluge MÃ?nner Ã?ber dich sprachen, feindselige, wohlwollende, sie stritten lang Ã?ber deinen Wert; doch endlich vereinigten sie sich, keiner wagt' es zu leugnen, jeder gestand: ja, er wandelt einen gefÃ?hrlichen Weg. Wie oft wÃ?nscht' ich, dich warnen zu kÃnnen! Hattest du denn keine Freunde? Egmont. Ich war gewarnt. Ferdinand. Und wie ich punktweise alle diese Beschuldigungen wieder in der Anklage fand, und deine Antworten! Gut genug, dich zu entschuldigen; nicht triftig genug, dich von der Schuld zu befreien - Egmont. Dies sei beiseite gelegt. Es glaubt der Mensch sein Leben zu leiten, sich selbst zu fÃ?hren; und sein Innerstes wird unwiderstehlich nach seinem Schicksale gezogen. LaÃ? uns darÃ?ber nicht sinnen; dieser Gedanken entschlag ich mich leicht - schwerer der Sorge fÃ?r dieses Land! doch auch dafÃ?r wird gesorgt sein. Kann mein Blut fÃ?r viele flieÃ?en, meinem Volke Friede bringen, so flieÃ?t es willig. Leider wird's nicht so werden. Doch es ziemt dem Menschen, nicht mehr zu grÃ?beln, wo er nicht mehr wirken soll. Kannst du die verderbende Gewalt deines Vaters aufhalten, lenken, so tu's. Wer wird das kÃnnen? - Leb wohl! Ferdinand. Ich kann nicht gehn. Egmont. LaÃ? meine Leute dir aufs beste empfohlen sein! Ich habe gute Menschen zu Dienern; daÃ? sie nicht zerstreut, nicht unglÃ?cklich werden! Wie steht es um Richard, meinen Schreiber? Ferdinand. Er ist dir vorangegangen. Sie haben ihn als Mitschuldigen des Hochverrats enthauptet. Egmont. Arme Seele! - Noch eins, und dann leb wohl, ich kann nicht mehr. Was auch den Geist gewaltsam beschÃ?ftigt, fordert die Natur zuletzt doch unwiderstehlich ihre Rechte; und wie ein Kind, umwunden von der Schlange, des erquickenden Schlafs genieÃ?t, so legt der MÃ?de sich noch einmal vor der Pforte des Todes nieder und ruht tief aus, als ob er einen weiten Weg zu wandern hÃ?tte. - Noch eins - Ich kenne ein MÃ?dchen; du wirst sie nicht verachten, weil sie mein war. Nun ich sie dir empfehle, sterb ich ruhig. Du bist ein edler Mann; ein Weib, das den findet, ist geborgen. Lebt mein alter Adolf? ist er frei? Ferdinand. Der muntre Greis, der Euch zu Pferde immer begleitete? Egmont. Derselbe. Ferdinand. Er lebt, er ist frei. Egmont. Er weiÃ? ihre Wohnung; laÃ? dich von ihm fÃ?hren und lohn ihm bis an sein Ende, daÃ? er dir den Weg zu diesem Kleinode zeigt. - Leb wohl! Ferdinand. Ich gehe nicht. Egmont (ihn nach der TÃ?r drÃ?ngend). Leb wohl! Ferdinand. O laÃ? mich noch! Egmont. Freund, keinen Abschied. (Er begleitet Ferdinanden bis an die TÃ?r und reiÃ?t sich dort von ihm los. Ferdinand, betÃ?ubt, entfernt sich eilend.) Egmont (allein). Feindseliger Mann! Du glaubtest nicht, mir diese Wohltat durch deinen Sohn zu erzeigen. Durch ihn bin ich der Sorgen los und der Schmerzen, der Furcht und jedes Ã?ngstlichen GefÃ?hls. Sanft und dringend fordert die Natur ihren letzten Zoll. Es ist vorbei, es ist beschlossen! und was die letzte Nacht mich ungewiÃ? auf meinem Lager wachend hielt, das schlÃ?fert nun mit unbezwinglicher GewiÃ?heit meine Sinnen ein. (Er setzt sich aufs Ruhebett. Musik.) SÃ?Ã?er Schlaf! Du kommst wie ein reines GlÃ?ck ungebeten, unerfleht am willigsten. Du lÃsest die Knoten der strengen Gedanken, vermischest alle Bilder der Freude und des Schmerzes; ungehindert flieÃ?t der Kreis innerer Harmonien, und eingehÃ?llt in gefÃ?lligen Wahnsinn, versinken wir und hÃren auf zu sein. (Er entschlÃ?ft; die Musik begleitet seinen Schlummer. Hinter seinem Lager scheint sich die Mauer zu erÃffnen, eine glÃ?nzende Erscheinung zeigt sich. Die Freiheit in himmlischem Gewande, von einer Klarheit umflossen, ruht auf einer Wolke. Sie hat die ZÃ?ge von KlÃ?rchen und neigt sich gegen den schlafenden Helden. Sie drÃ?ckt eine bedauernde Empfindung aus, sie scheint ihn zu beklagen. Bald faÃ?t sie sich, und mit aufmunternder GebÃ?rde zeigt sie ihm das BÃ?ndel Pfeile, dann den Stab mit dem Hute. Sie heiÃ?t ihn froh sein, und indem sie ihm andeutet, daÃ? sein Tod den Provinzen die Freiheit verschaffen werde, erkennt sie ihn als Sieger und reicht ihm einen Lorbeerkranz, Wie sie sich mit dem Kranze dem Haupte nahet, macht Egmont eine Bewegung, wie einer, der sich im Schlafe regt, dergestalt, daÃ? er mit dem Gesicht aufwÃ?rts gegen sie liegt. Sie hÃ?lt den Kranz Ã?ber seinem Haupte schwebend: man hÃrt ganz von weitem eine kriegerische Musik von Trommeln und Pfeifen: bei dem leisesten Laut derselben verschwindet die Erscheinung. Der Schall wird stÃ?rker. Egmont erwacht; das GefÃ?ngnis wird vom Morgen mÃ?Ã?ig erhellt. Seine erste Bewegung ist, nach dem Haupte zu greifen: er steht auf und sieht sich um, indem er die Hand auf dem Haupte behÃ?lt.) Verschwunden ist der Kranz! Du schÃnes Bild, das Licht des Tages hat dich verscheuchet! Ja sie waren's, sie waren vereint, die beiden sÃ?Ã?esten Freuden meines Herzens. Die gÃttliche Freiheit, von meiner Geliebten borgte sie die Gestalt; das reizende MÃ?dchen kleidete sich in der Freundin himmlisches Gewand. In einem ernsten Augenblick erscheinen sie vereinigt, ernster als lieblich. Mit blutbefleckten Sohlen trat sie vor mir auf, die wehenden Falten des Saumes mit Blut befleckt. Es war mein Blut und vieler Edeln Blut. Nein, es ward nicht umsonst vergossen. Schreitet durch! Braves Volk! Die SiegesgÃttin fÃ?hrt dich an! Und wie das Meer durch eure DÃ?mme bricht, so brecht, so reiÃ?t den Wall der Tyrannei zusammen und schwemmt ersÃ?ufend sie von ihrem Grunde, den sie sich anmaÃ?t, weg! (Trommeln nÃ?her.) Horch! Horch! Wie oft rief mich dieser Schall zum freien Schritt nach dem Felde des Streits und des Siegs! Wie munter traten die GefÃ?hrten auf der gefÃ?hrlichen, rÃ?hmlichen Bahn! Auch ich schreite einem ehrenvollen Tode aus diesem Kerker entgegen; ich sterbe fÃ?r die Freiheit, fÃ?r die ich lebte und focht und der ich mich jetzt leidend opfre. (Der Hintergrund wird mit einer Reihe spanischer Soldaten besetzt, welche Hellebarden tragen.) Ja, fÃ?hrt sie nur zusammen! SchlieÃ?t eure Reihen, ihr schreckt mich nicht. Ich bin gewohnt, vor Speeren gegen Speere zu stehn und, rings umgeben von dem drohenden Tod, das mutige Leben nur doppelt rasch zu fÃ?hlen. (Trommeln.) Dich schlieÃ?t der Feind von allen Seiten ein! Es blinken Schwerter; Freunde, hÃhern Mut! Im RÃ?cken habt ihr Eltern, Weiber, Kinder! (Auf die Wache zeigend.) Und diese treibt ein hohles Wort des Herrschers, nicht ihr GemÃ?t. SchÃ?tzt eure GÃ?ter! Und euer Liebstes zu erretten, fallt freudig, wie ich euch ein Beispiel gebe. (Trommeln. Wie er auf die Wache los- und auf die HintertÃ?r zugeht, fÃ?llt der Vorhang: die Musik fÃ?llt ein und schlieÃ?t mit einer Siegessymphonie das StÃ?ck.)